Damit auch Häftlinge sich freuen können!

Damit auch Häftlinge sich freuen können!

© Sébastien Goetschmann / Lizenzfrei

Der Jahresbericht 2017 der Heilsarmee ist online! Major Mendes Reichenbach kümmert sich im Rahmen des Gefängnisdienstes um Häftlinge.

Major Mendes Reichenbach gehört zum Team des Gefängnisdienstes der Heilsarmee und kümmert sich als Seelsorger insbesondere um die Gefängnisse in Champ-Dollon und Le Brenaz im Kanton Genf. Er erlebt die Vorweihnachtszeit als einzigartige Gelegenheit, um jedem einzelnen Häftling von der Liebe Gottes zu erzählen.

Welche besonderen Angebote organisiert der Gefängnisdienst in der Adventszeit?
Mendes Reichenbach: In Zusammenarbeit mit den Gefängnisleitungen organisieren die Seelsorgeteams Theaterstücke, Konzerte oder Gottesdienste und verteilen Geschenke an die Häftling. 2017 wurden in Champ-Dollon und La Brenaz vier Weihnachtsfeiern durchgeführt, jeweils gefolgt von einem Apéro. Zudem veranstalteten wir «Abende des Teilens» für interessierte Häftling und verteilten 800 Geschenke. Ein Geschenk für jeden Häftling. Es gab eine Weihnachtskarte, Schokoriegel, Kaffee, Zucker und einen Notizblock mit Schreibzeug. Die Häftling von La Brenaz erhielten zudem Socken, die in den Werkstätten der Heilsarmee gestrickt wurden. Natürlich ist es nur etwas Kleines, aber das wichtigste ist, dass uns ein solches Geschenk den Kontakt zu den Häftling ermöglicht. Gemeinsam mit dem ökumenischen Seelsorgeteam durften wir die Geschenke allen Häftling persönlich übergeben. Es waren bewegende Momente, einige weinten. Für die Häftlinge ist es etwas Besonderes, gerade für diejenigen, die keine Familie oder Freunde haben, die sie besuchen. Sie erleben ganz konkret, dass jemand an sie denkt. Es ist nur eine einfache Geste, aber auch ein unmittelbares Zeugnis von der Liebe Gottes.

Können Sie uns die Stimmung an diesen Weihnachtsfesten ein wenig beschreiben?
Weihnachten ist das Fest des Teilens. An den besonderen Feiern in Champ-Dollon und La Brenaz treffen wir Häftling, mit denen wir das restliche Jahr über keinen Kontakt haben. Wir sehen an ihrem Lächeln, dass diese Zeit des Austauschs und der Gemeinschaft wichtig für sie sind. Und die Begeisterung, die wir beim gemeinsamen Singen der Weihnachtslieder erleben, täuscht nicht. Es sind Momente, die ihnen gut tun und die sie in ihrem Glauben ermutigen, egal ob sie an Gott glauben oder nicht. Selbst im Gefängnis können sie sich freuen, weil sie nicht völlig verlassen sind. Wir sind für sie da.

Was kann das den Häftling bringen, abgesehen von der Möglichkeit, für einmal dem Alltag zu entfliehen?
Die Seelsorge ist Teil des Rehabilitationsprogramms der Häftling. Wir führen übers Jahr regelmässige Gespräche mit ihnen und ergänzen damit die Angebote der Psychologen, Sozialarbeiter, Wärter… Klar, an diesen Adventstreffen ist es eher schwierig, mit den Häftling zu sprechen, aber es geht hier mehr um einen ersten Kontakt, der manchmal zu Anfragen für weitere Gespräche führt. Diese Feiern öffnen Türen, erst danach können wir ihnen wirklich unsere Hilfe anbieten. Und dann geschehen Wunder. Eine Frau, die oft traurig war, erklärte mir, dass sie verändert aus unseren Gesprächen gehe. Sie fühle sich danach wertgeschätzt und habe neue Hoffnung. Die Gefangenen finden wenig Beachtung und haben kaum Zukunftsperspektiven. Man muss sie immer erinnern, wie wertvoll sie in den Augen Gottes sind. Manchmal kommen sogar Muslime zu uns, weil wir uns die Zeit nehmen, ihnen zu zuhören und ihnen ein tröstendes und ermutigendes Wort mitzugeben. Die Imame haben dazu oft keine Zeit. Mir selbst ermöglicht dieser Dienst, dass ich Matthäus 25,36 wirklich in die Praxis umsetzen kann: „[…] ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen“. Auch William Booths berühmte Aussage kann ich leben: „Solange Menschen ins Gefängnis müssen, rein und raus, rein und raus – will ich kämpfen.“ Ich möchte mit Mitgefühl dafür kämpfen, diesen Menschen, die ihrer Freiheit beraubt sind, Hoffnung zu geben.

Autor
Sébastien Goetschmann

Publiziert am
25.7.2018