Künstler abseits der Klischees

Künstler abseits der Klischees

Johann Peter Flück, "Die Schauspielerin Hedda Koppé", 1935, Öl auf Leinwand, 115 x 85 cm
Johann Peter Flück, "Die Schauspielerin Hedda Koppé", 1935, Öl auf Leinwand, 115 x 85 cm
© Kunsthaus Interlaken / Limitierte Rechte

Das Kunsthaus Interlaken widmet Johann Peter Flück die Ausstellung «Passion - Leidenschaft». Über die Verbindung des Malers zur Heilsarmee.

Johann Peter Flück war schon zu Lebzeiten als Maler anerkannt, und auch ein Jahrhundert später wirkt sein Werk aktuell. «Kunsthistorisch lässt sich Johann Peter Flücks Werk am ehesten dem Expressionismus zuordnen», sagte der Kunsthistoriker Peter Killer an der Vernissage vom Samstag im Kunsthaus Interlaken. «Aber eigentlich ist seine Kunst viel zu eigenständig.» Und überhaupt sei Rembrandt für den Maler aus Schwanden viel wichtiger gewesen als zeitgenössische Vorbilder.

Kunst statt Sicherheit
Das mit Rembrandt muss stimmen. Vor dramatischen Helldunkel-Kontrasten hatte Johann Peter Flück jedenfalls keine Angst. Ängstlich scheint er sowieso nicht gewesen zu sein. Nach seiner Ausbildung am Lehrerseminar Muristalden suchte der Sohn eines Brienzer Schnitzlers keine sichere Lebensstelle, sondern zog nach München und Paris, um Maler zu werden. Bei Meistern der alten Garde und der Avantgarde lernte er das Handwerk.

Modeströmungen interessierten ihn weniger. Umso intensiver beschäftigte ihn alles, was er in der weiten Welt s ah - die hellen ebenso wie die dunklen Seiten. Hass und Gewalt machten ihm zu schaffen, hatte doch seine Mutter, Gründerin des Heilsarmeecorps Brienz, mit ihrem praktischen Christentum seine Lebenshaltung geprägt.

Passion und Porträts
Ein Resultat dieser Auseinandersetzung ist der Passionszyklus, an dem Flück fast sein ganzes Künstlerleben lang arbeitete - dunkle Bilder mit wenig Licht, die das Leiden Jesu aus der Bibel in die ungeschminkte Gegenwart der Zwischenkriegszeit holen. Da wird die Verhaftung nicht von Römern in Sandalen vorgenommen, sondern von Soldaten in den grauen Uniformen des 20. Jahrhunderts. Es gibt keine malerisch wallenden Gewänder, die den Schrecken der Kreuzigungweichzeichnen, und das Gericht ist ein Schweizer Gericht. Umso vehementer wirkt der Appell, den Nächsten nicht allein zu lassen in seiner Not und Angst. Flück habe diese Arbeiten zu Lebzeiten kaum gezeigt, sagte Peter Killer - auch, weil er die Zeitgenossen nicht schockieren wollte. «Vielmehr ging es ihm darum, die Geschichten der Bibel mit ihrer revolutionären Forderung nach tätiger Liebe zu entstauben.»

Auch Gemeindepräsident
Im Kunsthaus sind die Passionsbilder im grossen Saal zu sehen, zusammen mit Studien zum verlorenen Sohn für den Andachtsraum der Strafanstalt Thorberg. Die kleineren Räume zeigen die Facetten von Flücks Schaffen, für die der Maler schon zu Lebzeiten breite Anerkennung erntete: Landschaften und Szenen des täglichen Lebens in Paris und im heimatlichen Schwanden, wo er so gar nicht dem Bild des Bohemiens entsprechen wollte, sondern jahrelang als Gemeindepräsident diente.

Vor allem aber war Flück für seine Porträts bekannt, mit denen er seine Familie in den schwierigen Krisen- und Kriegsjahren über die Runden brachte. Sie erzählen mindestens so viel über das Innenleben der Porträtierten wie über ihr Äusseres und lassen auch heute noch Familie und Nachbarn, Künstlerfreunde und Auftraggeber lebendig werden - und nicht zuletzt den Maler selbst. Die zahlreichen Vernissagegäste, die das Kunsthaus aus allen Nähten platzen liessen, wurden von der Pianistin Edith Sievi mit Stücken von Johann Sebastian Bach, Schubert und Ravel begrüsst.

Autor
Quelle: Berner Oberländer (12.03.2018)

Publiziert am
12.3.2018