Station Heilsarmee: Randständige bieten in Luzern spezielle Stadtführungen an

Station Heilsarmee: Randständige bieten in Luzern spezielle Stadtführungen an

Touristen, die Luzern mal anders kennenlernen wollen, buchen die neue Stadtführung "Abseits Luzern". Eine der Stationen ist die Heilsarmee.

Der Verein Abseits Luzern führt soziale Stadtführungen durch. Geleitet werden die Touren von armutsbetroffenen, obdachlosen und drogensüchtigen Menschen. Am Donnerstag war die offizielle Premiere.

Dani und Noah waren die Führer an der Rundgang-Premiere. Die meisten Stadtführungen in Luzern bringen Touristen zu Sehenswürdigkeiten wie der Kapellbrücke mit dem Wasserturm oder dem Löwendenkmal. Sie zeigen die Stadt von ihrer schönsten Seite. «Abseits Luzern» hingegen führt seine Gäste an Orte, die in keinem Reiseführer stehen. Auf einer zweieinhalbstündigen Tour erzählen Randständige aus ihrem Leben.

Durch Spenden zum Verein
Gründer und Initiant des Vereins Abseits Luzern ist Marco Müller. «Ich habe solche Stadtführungen in Zürich und Basel gesehen und war begeistert. Also habe ich die Idee für Luzern umgesetzt», sagt Müller.

Finanziert wurde das Projekt zu einem Grossteil durch Crowdfunding, also Spenden von Dritten über eine Onlineplattform. Danach mussten die verschiedenen Guides gefunden werden. Mittels Inserat wurde nach Menschen gesucht, die Luzern aus einem anderen Blickwinkel kennen. Nach einigen Bewerbungen und Gesprächen stand das sechsköpfige Team fest: Dani, Noah, Gudrun, Fritz und Pit.

«Sechs bunte Welten trafen aufeinander und wuchsen zu einer Familie zusammen», sagt Fritz, einer der Guides. So unterschiedlich die sechs auch scheinen mögen, sie alle sind Randständige und auf soziale Unterstützung angewiesen. Insgesamt können sechs Touren durch verschiedene Stadtteile gebucht werden.

«Ein Leben voller Umwege»
Noah und Dani führen die Gäste bei der offiziellen Tourpremiere durch das ruchquartier. Die erste Station ist das Traversa-Wohnhaus. Beide Guides beanspruchen die Dienste von Traversa, einem Netzwerk für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Noah ist IV-Rentner und musste sein Jurastudium und eine angefangene Lehre aufgrund einer psychischen Erkrankung abbrechen. «Mein Leben ist voller Umwege», sagt er. Die Arbeit bei Abseits Luzern gefalle ihm sehr und, bringe Struktur in seinen Alltag.

Die zweite Station auf der Tour ist die Jobdach-Werchstatt. Hier können Randständige arbeiten und erstellen je nach Kundenanfrage verschiedene Werke. Nächster Halt ist das Drop-In, besser bekannt als Heroinabgabestelle. Dani besucht diesen Ort regelmässig. Früher war er Bäcker und hatte ein gewöhnliches Leben, bis er mit 25 zum ersten Mal Heroin konsumierte und abhängig wurde.

Heute ist er 47 Jahre alt und in Behandlung. Auf der Tour durchs Bruchquartier werden die Gäste weiter zur Notschlafstelle, zur Heilsarmee und zum AlanoTreff geführt. «Durch Abseits Luzern bin ich viel selbstbewusster geworden. Es ist schön, seine Geschichte zu teilen», sagt Dani.
 

Autor
Quelle: Anzeiger Luzern (12.04.2017)

Publiziert am
13.4.2017