„Wo sind meine Turnschuhe?“

 „Wo sind meine Turnschuhe?“

Das Kinderbuch "Wo sind meine Turnschuhe?" feierte Vernissage im Kinderheim Holee Basel.
Das Kinderbuch "Wo sind meine Turnschuhe?" feierte Vernissage im Kinderheim Holee Basel.
© Livia Hofer / Lizenzfrei

Das druckfrische Bilderbuch des Heilsarmee-Kinderheims Holee Basel wurde bei herrlichem Herbstwetter mit einem köstlichen Apéro gefeiert.

Ganz traurig steht das Chäferli da, mit seinem Nuggi im Mund und einer Träne, die aus dem Auge kullert. Es fühlt sich verloren im grossen, roten, unbekannten Haus. Der Wurm, das Elefäntli und der Heugümper aber nehmen es unter die Fittiche und helfen dem Chäferli, sich am neuen Ort zurechtzufinden. Und wohlzufühlen.

Experten sind die Kinder
Dies das Thema des Bilderbuchs „Wo sind meine Turnschuhe?“, das Kinder und Erwachsene des Kinderhauses Holee Basel zusammen gestaltet haben. Das Buch soll eintretenden Kindern helfen, ihre neue Lebenssituation zu verstehen. Noteintritte beispielweise machten es erforderlich, dass Kinder schnell in der Lage seien, die Zusammenhänge zu erkennen, sagte Institutionsleiter Stefan Wolf: „Was muss ein Kind wissen, das innerhalb einer Stunde nicht mehr daheim, sondern in einer Institution ist?“

Wer aber könne das besser wissen, als die Kinder, die bereits im Holee wohnen? So lieferten die kleinen Expertinnen und Experten nicht nur viele Zeichnungen für das Buch, sondern auch und vor allem die nötigen Informationen. Dabei staune er immer wieder über die Kreativität, die Beobachtungsgabe, die Ausdauer und den Scharfsinn der Kinder, so Wolf. „Kinderpartizipation 'fägt'! Kinder sehen Dinge, die uns verborgen sind. Wenn sie nicht gewesen wären, wäre das Buch nicht entstanden."

Die grösste Arbeit am Kinderbuch hatten die Märchenfeen, sprich die Lernenden Sarah, Adriana und Michaela, die das Projekt leiteten und mit den Kindern malten. Peter Zundel alias Rotkäppchen schliesslich gelang es mit viel Witz, das Märchen zu erzählen. "Rotkäppchen hat eine gute Art, die Perspektive der Kinder einzunehmen und Gegenbenheiten auf Kinder umzumünzen", lobte Wolf. 

Heilsarmee: hilfsbereit und unkompliziert
Auch seiner Arbeitgeberin windete Stefan Wolf ein Kränzchen. Das Fundraising der Heilsarmee Schweiz habe eine sehr grosszügige Sponsorin gefunden, die bereit war, das Projekt finanziell zu unterstützen. Und der Geschäftsleiter Institutionen Mitte, Christian Rohrbach, sei von der Idee, ein Märchenbuch zu realisieren, sofort begeistert gewesen: „Eine E-Mail hin und eine zurück, und schon hatte ich das OK meines Chefs“, lobte Wolf.
Die Heilsarmee, deren Unkompliziertheit auf diese Weise hervorgehoben wurde, war am Anlass übrigens prominent vertreten: Die Territorialleiter, die Kommissäre Massimo und Jane Paone, sowie auch die Chefsekretärin (CEO), Oberstleutnantin Marianne Meyner, haben ganz offensichtlich ein grosses Herz für Kinder, denn sie liessen sich den erfreulichen Anlass nicht entgehen.

Eine politische Stimme für die Kinder
Auch Thomas Handschin aus Domodossola, Vorstandsmitglied der Kinderlobby Schweiz, brach eine Lanze für die Kinder. In seinem Inputreferat erläuterte er das Anliegen, für das er nunmehr seit zwei Jahrzehnten kämpft: „One child, one vote“ (ein Kind, eine Stimme), das politische Stimmrecht der Kinder und Jugendlichen. Und zwar nicht erst mit 18 Jahren, sondern schon ab dann, wann sie individuell bereit seien, die eigene Meinung zu äussern.

„Insbesondere ist es stossend, dass die U18 auch in jenen Abstimmungen von der demokratischen Mitwirkung ausgeschlossen sind, welche mit Schule, Kinderbetreuung, Bildungswesen oder Familie zu tun haben. Und dies, obwohl Kinder 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen und die Folgen der Entscheide am längsten zu tragen haben!“, kritisierte Handschin. Er sei überzeugt, dass eine Freigabe des Stimmalters dazu beitragen würde, dass politisch interessiertere Menschen heranwachsen.

Die Fähigkeit, zu vertrauen
„Mit Kinderaugen sehen“, lautete der Fokus von Daniel Röthlisberger. Der Leiter Sozialwerke legte dar, dass Inklusion, zu Deutsch Teilhabe, ein Thema sei, das innerhalb des Heilsarmee-Sozialwerks stark bewegt werde. „Immer wieder überlegen wir uns, wie wir erreichen können, dass die Bewohner am Geschehen in den Institutionen partizipieren.“ Erfreulicherweise sei hier genau das geschehen, so Röthlisberger. „Ich bin stolz darauf, dass innerhalb der Heilsarmee so etwas Schönes wie dieses Buch entstehen konnte – ein wunderbares Beispiel gelebter Inklusion!“

Daniel Röthlisberger reflektierte das Thema Inklusion auch anhand des Evangeliums. Von Jesus wird berichtet, dass er die Kinder zu sich rief und seinen Jüngern sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn gerade für solche wie sie ist das Reich Gottes.“(*) Was aber meint Jesus, wenn er sagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“?(**) Anhand eines Beispiel aus seinem persönlichen Leben als Vater dreier sehr junger Kinder zeigte Röthlisberger auf: „Kinder haben noch die Eigenschaft, zu vertrauen. Wir Erwachsenen haben hingegen berechnende Absichten hinter unserem Handeln.“

Gemeinsam geht’s besser
Jedoch seien auch das Wissen und die Erfahrung der Grossen wertvoll, und es sei gut, diese den Kindern zu vermitteln. Und deshalb zog der Leiter Sozialwerke das Fazit: „Wenn wir – Erwachsene und Kinder – voneinander lernen und einander respektieren, dann können wir beidseitig profitieren.“ Die Entstehung des Bilderbuchs sei ein wunderbares Beispiel dafür, wie inkludierendes Lernen, wie teilhaftiges Leben stattfinden könne.
Zum Schluss bot die Vernissage den Gästen bei einem köstlichen Apéro die Gelegenheit, sich auszutauschen, im druckfrischen Bilderbuch zu stöbern und gar eines mitzunehmen.

(*)  Matthäus 19,14; Markus 10,14; Lukas 18,16
(**) Matthäus 18,3

 

Autor
Livia Hofer

Publiziert am
25.10.2017