«Die Leute isolieren sich immer mehr»

«Die Leute isolieren sich immer mehr»

© zVg / Limitierte Rechte

Warum die Heilsarmee Aargau Ost auch nach 20 Jahren noch «auf die Gasse» geht

Die Freikirche in Brugg-Umiken feiert am 14. August das 20-Jahr-Jubiläum. Standortleiterin Dora Kunz erzählt, wie der Tag der offenen Tür abläuft.

«Denen ein Freund sein, die sonst keine Freunde haben» – diesen Satz von dem Heilsarmee-Gründer William Booth nehmen sich die Standortleitenden von Aargau Ost, Dora und Markus Kunz, schon seit 2013 zu Herzen. Die beiden wohnen sogar mit ihrer Familie an der Baslerstrasse 105 in Umiken – direkt über der Räumlichkeit der Heilsarmee. Dora Kunz sagt:

«So sind wir mitten im Geschehen und 24 Stunden erreichbar.»

Nun feiern sie mit der Bevölkerung das 20-Jahr-Jubiläum der Heilsarmee Aargau Ost.

Die Heilsarmee ist laut Website eine internationale Bewegung und eine christliche Freikirche, ihre Botschaft gründet auf der Bibel. Sie haben es sich zum Auftrag gemacht, das Evangelium zu predigen und im Namen von Jesus Christus die Not jedes Menschen zu lindern. Kunz sagt:

«Wir übernehmen ein grosses Spektrum an sozialer Arbeit und kombinieren dies mit der Kirche.»

Allein in Umiken werden ein «Babysong» (ein Spielenachmittag für Eltern und Kleinkinder), ein Kinderfest-Nachmittag für Fünf- bis Zwölfjährige, ein Gottesdienst am Sonntag, ein Hauskreis für Erwachsene, ein Kafi-Träff für Senioren, Seelsorge und Hilfestellung für Notleidende angeboten. Dabei stehe die Gemeinschaft und Jesus Christus im Zentrum.

Sie wollen den Leuten Wert und Würde bewusst machen

Wieso es dieses Angebot braucht? «Die Leute isolieren sich immer mehr – die Einsamkeit prägt diese Zeit. Wir holen sie wieder in die Gemeinschaft», sagt Kunz und fügt an:

«Wir wollen allen – Menschen jedes Alters, jeder Herkunft und jeder Religion – ein Lächeln und Freude schenken.»

Alle 14 Tage geht die Heilsarmee «auf die Gasse», spricht mit den Leuten und schenkt Suppe und Tee aus. «In Brugg gibt es eine grosse Alkohol- und Drogenszene», sagt Kunz. «Wir gehen auf diese Leute zu und wollen ihnen ihren Wert und ihre Würde bewusst machen.» Sie wollen denen ein Freund sein, die keine haben.

Zusätzlich hat es in Umiken noch vier Sozialstudios, welche jeweils für drei Monate von Menschen in einer Notlage bewohnt werden können und laut Kunz gut ausgelastet sind. Bevor das Ehepaar Kunz zu den Standortleitenden gewählt wurde, gab es nur ein Zimmer. Kunz sagt:

«Vor fünf Jahren renovierten wir unseren Standort und teilten die Räume um. So entstand Platz, den wir für neue Sozialstudios gebrauchten.»

Und fügt an: «Damals hatten wir noch eine Warteliste. Jetzt hat sich das etwas eingependelt.»

Fast schon eine Familienkirche

Die beiden Standortleitenden und die Sekretärin sind bei der Heilsarmee Schweiz angestellt, gut 50 Leute engagieren sich zusätzlich freiwillig in Umiken. Kunz sagt:

«Wir sind eine kleine Gemeinde – fast schon eine Familienkirche.»

Doch sie ist zufrieden mit der Grösse der Truppe: «Vor einigen Jahren war das noch nicht so. Nun hat sich die Situation etwas entspannt.» Was denn den Standort Umiken ausmacht? «Untereinander wird einem geholfen, das ist speziell», sagt Kunz.

Die Heilsarmee gibt es in Brugg schon seit 1909. Vor 20 Jahren wurde der damalige Standort in der Habsburgerstrasse zu klein: So schaute man sich nach einem anderen Haus um und stiess auf das Haus in Umiken. Zur selben Zeit schloss sich die Heilsarmee Brugg mit dieser in Baden zusammen und starteten gemeinsam in der Baslerstrasse 105 in Umiken.

Das Jubiläum soll die Heilsarmee der Bevölkerung näherbringen

Am 14. August feiert das Korps Aargau Ost mit einem Tag der offenen Tür das 20-Jahr-Jubiläum. «Wir wollen gemeinsam mit der Bevölkerung Zeit verbringen und den Tag feiern», sagt die Standortleiterin.

Es werden verschiedene Essensstände, eine Hüpfburg, eine Schokokuss-Schleuder und noch vieles mehr aufgestellt. Auch bietet die Heilsarmee eine Führung durch das Haus an – mit den Informationen daraus kann an einem Wettbewerb teilgenommen und Preise gewonnen werden.

Bereits im Vorfeld auf das Jubiläum verteilte die Heilsarmee Mitte Juni 400 selbst gemachte Spitzbuben, verziert mit dem Heilsarmee-Logo. Kunz sagt:

«Eine grosse ‹Büetz›. Doch wir machten damit unserer Nachbarschaft eine grosse Freude und gleichzeitig auf unser Jubiläum aufmerksam.»

Auch in Zukunft will Kunz mit der Heilsarmee Teil der Bevölkerung sein. «Unser Auftrag bleibt, Menschen zu erreichen und ihnen zu helfen.» Ihre Arbeit sei noch lange nicht fertig und werde ihnen nie ausgehen. Kunz ergänzt:

«Wie einst Booth sagte, werden wir bis ans bittere Ende weitermachen, bis allen geholfen ist.»

Mit vollem Elan wollen sie diese Arbeit noch mindestens 20 Jahre fortführen. Und das «nicht als einsames Trüppchen, sondern als Teil der Gemeinschaft», wie Kunz sagt.

Autor
Janine Walthert, aargauerzeitung.ch, Ausgabe vom 31.7.2021

Publiziert am
2.8.2021