«Mein Mann meinte zuerst, ich sei in einer Sekte und er müsse mich retten»

«Mein Mann meinte zuerst, ich sei in einer Sekte und er müsse mich retten»

Die Faszination für die Bibel liess Mirjam Kaufmann bei der Heilsarmee Solothurn landen.

Die Theologin aus Subingen ist seit 25 Jahren bei der Heilsarmee. An der Freikirche fasziniert sie die Bibeltreue und das familiäre Umfeld. In Solothurn gibt es die Heilsarmee seit 120 Jahren.

Man kennt sie vor allem aus der vorweihnachtlichen Zeit, wenn sie in Uniform und Lieder singend Spenden sammeln. Die Heilsarmee ist allerdings mehr als nur die Topfkollekte: Sie ist sowohl Freikirche als auch eine Stiftung, sie betreibt Brockis, führt für manche Kantone soziale Einrichtungen und ist einer der grösseren Arbeitgeber der Schweiz. Die Solothurner Sektion der Heilsarmee kommt zwar klein daher – bekannt ist sie vor allem für die Brocki in Luterbach – dafür kann sie auf eine umso längere Geschichte zurückschauen. Heuer feiert sie ihr 120-jähriges Bestehen. Eine, die mitfeiert, ist Mirjam Kaufmann aus Subingen.

Die 34-jährige Theologin ist seit 25 Jahren mit dabei. Sie empfängt uns allerdings nicht in Uniform, sondern im weissen T-Shirt und mit Tochter auf dem Arm. Sie ist Mitglied im «Freundeskreis der Heilsarmee». Sie verpflichtet sich damit, an das zu glauben, was in der Bibel steht und danach zu leben. Daneben gibt es bei der Heilsarmee noch eine weitere Art von Mitgliedern: die Soldaten.

Das sind die Hartgesottenen, die sich etwa auch verpflichten, keinen Alkohol zu trinken. «Vieles an der Heilsarmee finde ich toll», erklärt Kaufmann. Dass sie sehr lebendig und unkompliziert sei, zum Beispiel. Und der Umgang untereinander sei sehr familiär. «Anderes nicht ganz so.» So verstehe sie zwar, wieso man keinen Alkohol trinken würde, ihr persönlich würde das aber zu weit gehen. 120 Jahre Heilsarmee Solothurn Das Evangelium predigen und gleichzeitig menschliche Not lindern: Etwa so lässt sich der Auftrag, den sich die Heilsarmee selber gibt, zusammenfassen. In Solothurn geschieht dies seit 120 Jahren. Am 15. Oktober 1899 wurde sie gegründet.

In den Anfangsjahren musste sie offenbar einigen Widerstand überwinden. So sei es immer wieder zu Störaktionen gegen die Gruppe gekommen, wie sich dem «Kriegsruf», der damaligen Zeitung der Heilsarmee, entnehmen lässt. Besonders der Kampf gegen übermässigen Alkoholkonsum stand damals im Zentrum. Heute sind professionelle Sozialarbeit und Programme für Mitglieder wichtiger geworden.

 

Faszination für die Bibel steht im Zentrum
Zur Freikirche kam sie durch ihre Eltern. Dass sie mittlerweile immer noch mit dabei ist, hat auch mit der Bibel zu tun. Diese habe sie schon immer fasziniert. Bei der Heilsarmee steht das Buch im Zentrum. Und zwar die bibeltreue Auslegung. «Das gefällt mir. Das, und dass die Heilsarmee an der historischen Zuverlässigkeit der Bibel festhält.» Was in der Bibel steht, ist wahr, ist sie überzeugt: «Wenn ich in die Welt hinausschaue, die Menschen sehe, wie wir sind und denken, weiss ich: Das kann kein Zufall sein. Da muss etwas Grösseres dahinterstecken.» Sie kennt das Buch fast auswendig, weiss im Gespräch immer wieder Stellen zu zitieren, zig Exemplare stehen in ihrem Bücherregal. «Mein Mann meinte, ich sei in einer Sekte» Für die Heilsarmee engagiert sich Kaufmann ehrenamtlich.

So hält sie hin und wieder eine Predigt. «Das finde ich megacool an der Heilsarmee. Dass Frauen die gleichen Rechte haben wie die Männer und zum Beispiel auch predigen dürfen. Schade, ist das nicht überall selbstverständlich.» Daneben hilft sie immer Mal wieder bei kleineren Anlässen aus.

Zum Beispiel beim «Brocki-Kafi», einem Treffen in der Luterbacher Brocki, an dem den Besuchern einmal im Monat Kuchen und Kaffee offeriert wird. Vor einem Jahr wurde diese Brocki eröffnet. Eine super Sache, wie Kaufmann findet: «Sie ist gesellschaftsrelevant, macht den Leuten Freude und ist sogar noch gut für die Umwelt.» Und offenbar hat das Angebot eingeschlagen. «Ich freue mich sehr, dass wir damit den Nerv der Zeit getroffen haben», sagt Kaufmann.

Und was für Rückmeldungen bekommt sie, wenn sie den Menschen erzählt, dass sie bei der Heilsarmee ist? Kaufmann lacht: «Allerlei. Als ich meinen Mann kennenlernte, meinte er, ich sei in einer Sekte und er müsse mich retten.» Dann habe er sie aber einmal begleitet und seine Meinung geändert.

Autor
Quelle: Solothurner-Zeitung (29.09.2019)

Publiziert am
30.9.2019