Die perfide «Loverboy»-Masche

Die perfide «Loverboy»-Masche

© Mykhailo Dorokhov flickr.com / Lizenzfrei

Immer mehr junge Mädchen in der Schweiz werden Opfer der «Loverboy»-Masche: Ein Vortrag von Irene Hirzel bei der Heilsarmee Huttwil.

Die Täter sind jung und umgarnen ihre Opfer. Sie überhäufen sie mit Geschenken und tragen sie auf Händen. Sobald sich die Opfer verliebt haben, schnappt die Falle zu. Die «Loverboys» machen die jungen Mädchen emotional von sich abhängig und zwingen sie so sukzessive zur Prostitution.

Hohe Dunkelziffer
«Loverboys haben eine menschenverachtende Ader», weiss Irene Hirzel aus Erfahrung. Sie ist Geschäftsführerin des Vereins ACT212, ein Beratungs- und Schulungszentrum für Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung mit Sitz in Bern. Die Heilsarmee Huttwil hat sie an diesem Vortragsabend als Gastreferentin eingeladen. Seit bereits über 20 Jahren beschäftigt sich Irene Hirzel mit dem Thema Menschenhandel und versucht durch den Verein ACT212 mit Vorträgen und Schulungen auch präventiv dem extrem schmutzigen «Geschäft» entgegenzuwirken. Gesamthaft wurden 2016 in der Schweiz 250 Opfer von Menschenhandel identifiziert.

Man geht jedoch von einer weit höheren Dunkelziffer mit geschätzten 14000 Opfern aus. Weltweit sind es über 40 Millionen Menschen, die in irgendeiner Form dem Menschenhandel zum Opfer fallen. Davon sind 71 Prozent Mädchen und Frauen, wie Irene Hirzel das Ausmass des risikoarmen und profitablen Geschäfts mit dem Menschen aufzeigte.

Die erste grosse Liebe
Die Täter suchen gezielt nach jungen Mädchen und Frauen in den Chatrooms der sozialen Medien oder an Orten, wo sich Jugendliche aufhalten. Die «Loverboys» manipulieren die Mädchen geschickt, für die es meist die erste grosse Liebe ist. «Manchmal sind sie erst 11 oder 12 Jahre alt», gibt Hirzel zu bedenken.

 

Auf Anzeichen achten
Die Täter bleiben eher im Hintergrund, deshalb ist es gerade für Eltern schwierig zu erkennen, wenn die Tochter in die Fänge dieses brutalen Geschäftes gerät. Es gibt jedoch Anzeichen, auf die das Umfeld der Opfer achten kann und auch sollte.

 

Warnsignale
Sie sind aber manchmal schwer von normalen pubertären Merkmalen zu unterscheiden. Wenn jedoch die Mädchen mit teuren Geschenken nach Hause kommen, müde sind und an Gewicht verlieren, ein zurückgezogenes Verhalten zeigen, extrem viel im Ausgang sind, Konzentrationsstörungen und viele Absenzen in der Schule haben, kann dies ein Warnsignal sein.

 

Die Täter sind meist Schweizer oder haben einen Migrationshintergrund. Schnell verlangen sie Sex und erotische Fotos, um die Opfer später damit erpressen zu können. Sie äussern sich geschickt negativ über Familie und Freunde der Mädchen und treiben sie so von ihrem gewohnten Umfeld weg. Sie lügen viel, zeigen sich extrem eifersüchtig, besitzergreifend und manipulativ. Meist haben die jungen Männer plötzlich Geldprobleme, die damit lösbar wären, wenn das Mädchen mit einem Freund schlafen würde. Verliebt wie sie sind, machen sie es, meist ohne weiter darüber nachzudenken. Nur dass es kein Freund, sondern ein Freier war. Das Mädchen wurde verkauft.

Verdacht melden
Wichtig ist es, dass die Familie, Freunde, Bekannte und Lehrer aufmerksam sind und die Beziehung zum Opfer aufrechterhalten, auch und gerade weil sich sein Verhalten stark ändert. «Besser einmal zu viel als einmal zu wenig melden», legte Irene Hirzel den Anwesenden nahe. Ein Verdacht auf Missbrauch kann bei jeder Polizeidienststelle oder über die nationale Meldestelle von ACT212 unter der Nummer 0840 212 212 auch anonym gemeldet werden.

Autor
Quelle: Der Unter-Emmentaler (27.11.2018)

Publiziert am
28.11.2018