Ein Anker der Ruhe für Frauen in Not

Ein Anker der Ruhe für Frauen in Not

© Livia Hofer / Lizenzfrei

Im August 2019 feierte das Heilsarmee Frauenwohnhaus Basel 110 Jahre seines Bestehens.

 

Der Garten des Heilsarmee Frauenwohnhauses ist nicht gross. Man staunt allerdings, was am Jubiläumsfest alles darin einen Platz fand! Fix sind die Hochbeete mit den Wildblumen, den Kräutern und Tomatenstöcken, die hier zurzeit für üppiges Grün sorgen und an denen erkennbar wird, wie liebevoll sie gepflegt werden. Dann aber hatte man aus Anlass der Feier auch einige Festbänke, eine Bühne für die Festredner sowie einen Buffettisch mit lauter Köstlichenkeiten wie Früchtebowle, Grilladen und herrliche Kuchen aufgestellt.

Lebendig und bunt
Einige der Bewohnnerinnen sassen mit den geladenen Gästen an den Festbänken, andere führten sich das Fest von ihren Balkonen aus zu Gemüte und blickten neugierig auf das fröhliche Geschehen herab. Nun wird der Garten auf der einen Seite von der mehrstöckigen Balkonfront umrahmt, und auf der anderen Seite ragt eine Mauer in die Höhe, die von Wildem Wein bewachsen ist. Dies alles gab dem Fest eine mehrdimensionale Kulisse. Die Treppe runter gelangte man zur Küche, nun umfunktioniert zum Verkaufs- und Ausstellungsraum: Darin feilgeboten waren Handarbeiten der Bewohnerinnen, zum Beispiel Perlenkettchen, gestrickte Babykleider und Topflappen, Blumengestecke oder Gläschen mit Kräutersalz.

Bewohnerinnen und Direktoren, Küchenpersonal und Heilsarmeeoffiziere, Institutionsleiter und Familienangehörige, Betreuerinnen und Gäste: Am Fest war Inklusion gross geschrieben, die Stimmung war prächtig. All dies wurde vom bunten, authentischen und mitreissenden Auftritt des Surprise-Strassenchors (hier im Video) gekrönt.

Opfer bringen für die Freiheit
„Die 110 Jahre Frauenwohnhaus erfüllen mich mit Ehrfurcht und Dankbarkeit“, sagte Thomas Baumgartner, Gesamtleiter Wohnen Basel, in dessen Verantwortung sowohl das Frauen- als auch das Männerwohnhaus liegen. Freud und Leid seien zuweilen nahe beieinander. Am Abend zuvor war in der Nähe eine Wohnung abgebrannt. Der obdachlos gewordene Bewohner konnte im Männerwohnheim an der Rheingasse einquartiert werden – rasch und unbürokratisch: „Fast kann man den Rauch noch riechen.“

Gebrannt hatte es auch im 16. Jahrhundert, und zwar in Rom, als Giordano Bruno von der Inquisition der Ketzerei für schuldig befunden und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde. Dies erfuhr die Festgemeinde aus der kurzweiligen Ansprache einer Bewohnerin, die das Leben des italienischen Dichters, Philosophen und Astronomen schilderte – einer Person also, die mit dem eigenen Leben jene Freiheit erkämpft hatte, die wir heute haben. Passend dazu stimmten alle Anwesenden auf Wunsch der Rednerin das Lied „Die Gedanken sind frei“ an.

Ein guter Partner
Seine Freude darüber, dass diese Zeiten längst vorbei sind, äusserte auch Christoph Fenner, Leiter der kantonalen Behindertenhilfe. Erfreulich auch, dass man ihn als Vertreter der Obrigkeit an diesem Fest willkommen heisse, so Fenner mit einem Augenzwinkern. Der Heilsarmee stellte er ein gutes Zeugnis aus: „Danke, dass Sie ein verlässlicher Partner sind, von dem wir lernen können“, sagte der baselstädtische Beamte. Seit vielen Jahren sei er mit der Heilsarmee in Sachen Feilschen um die Finanzierung dieses „sicheren Hafens für Frauen in Not“ unterwegs.

Gottes Liebe als Motor
„Der letzte Anker der Hoffnung“ sei das Frauenwohnhaus in den vergangenen 110 Jahren oft gewesen, sagte Oberstleutnantin Marianne Meyner, Chefsekretärin der Heilsarmee Schweiz, Österreich & Ungarn. „Ein Ort, wo Frauen Obdach, Essen und die Möglichkeit zur Körperpflege erhalten, damit die bewegte Lebenslage zur Ruhe kommt und ein Nachdenken über die nächsten Schritte möglich ist.“

Dies sei ja das eigentliche Ansinnen der Heilsarmee seit 1865: „Unser ganzheitlicher Ansatz geht davon aus, dass jeder Mensch im Bilde Gottes geschaffen ist und von Gott geliebt wird, unabhängig von seiner Lebenssituation. Dieses biblische Menschenbild ist unser innerer Motor und schenkt uns das Herzblut für unsere Arbeit“, so Marianne Meyner.

Eindrücke des Festes gibt unsere Bildergalerie I und Bildergalerie II.

Autor
Livia Hofer

Publiziert am
21.8.2019