Ein Stück Heimat im Atelier f77

Ein Stück Heimat im Atelier f77

© Heilsarmee Flüchtlingshilfe / Lizenzfrei

Im von der Heilsarmee geführten Atelier f77 arbeiten Flüchtlinge, die den Beruf aus ihrem Heimatland auch in der Schweiz ausüben können.

Die Heilsarmee ist bekannt für ihr soziales Engagement in vielen Bereichen. Sie steht Obdachlosen bei, ist an zahlreichen Hilfswerken in Ausland betätigt, berät in sozialen Belangen und bietet auch Flüchtlingshilfe. Die ehemalige Metzgerei an der Farbgasse 77 in Langenthal wurde vor einiger Zeit für die Flüchtlingshilfe umgestaltet. «Aktuell wohnen 35 Personen im Obergeschoss des Gebäudes, darunter auch Mütter und Kinder. Rund sechs Nationen sind vertreten», erzählt Armin Brüllhardt (57), Leiter der Langenthaler Regionalstelle der Heilsarmee. «Unser Ziel ist es, dass die Flüchtlinge hier bestmögliche Integration erfahren können. In grösseren Ballungszentren ist das eine deutlich schwierigere Aufgabe als hier, wo die Menge der Personen überschaubarer ist.» Im Vordergrund der Flüchtlingshilfe der Heilsarmee stehen Themen, wie das sich Zurechtfinden in den hiesigen Lebensverhältnissen, die Schweizer Kultur, das respektieren der Rechte und Pflichten und wenn die Aufenthaltsbewilligung es zulässt, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen.

Sinnvolle Beschäftigung
Das Gebäude an der Farbgasse 77 wurde im Zuge der neuen Nutzung unter anderem mit einem Schulraum ausgestattet, in welchem Deutschkurse in verschiedenen Schwierigkeitsstufen und Bewerbungshilfe-Kurse stattfinden. «Wir haben viele Freiwillige, die Lern- und Lesegruppen leiten. Für diese Hilfe sind wir extrem dankbar, denn ohne sie würden wir das nicht schaffen», erzählt Mahintha Sellathurai (28), Praktikantin bei der Regionalstelle der Heilsarmee in Langenthal.Im Sommer werde der Garten rund um das Haus bepflanzt, dadurch ergebe sich automatisch ein gewisser Kontakt zwischen den einheimischen Anwohnern und den Flüchtlingen. «Nachdem sich jedoch anfängliche Ängste der Anwohner als unbegründet herausgestellt haben, ist auch eine gewisse Neugier vorhanden.»

Seit Dezember 2017 läuft ausserdem das Pilotprojekt Atelier f77. «Im Gespräch mit den Flüchtlingen hat meine Vorgängerin erfahren, dass einige in ihrer Heimat beruflich als Näher oder Näherin tätig waren. Dadurch kam die Idee auf, diese Gaben zu nutzen», erzählt Mahintha Sellathurai. «Profit machen wir damit nicht, weil die verwendeten Materialien und Arbeitsgeräte im Vergleich teuer sind, aber dadurch können wir den Bewohnern des Hauses eine fixe Arbeits- und Tagesstruktur und eine sinnvolle Beschäftigung bieten.»

Ein Rucksack auf Reisen
Im Atelier entstehen unter fachkundigen Händen Rucksäcke, Umhängetaschen, Einkaufstaschen in allen Grössen und Farben. Die Preise für die Werkstücke bewegen sich in einem Spektrum bis zu 35 Franken. Aktuell arbeiten die beiden syrischen Staatsbürger Saliha und Emad gemeinsam an zwei Tagen in der Woche im Atelier. Eine besondere, positive Rückmeldung bekamen die beiden Näher kürzlich. «Eine Frau kaufte bei uns im Atelier einen Rucksack und schickte ihnen dann aus ihren Ferien eine Postkarte von sich mit dem Rucksack darauf», erzählt Mahintha Sellathurai. Für die Zukunft spuken der Praktikantin und Armin Brüllhardt noch weitere gute Ideen im Kopf herum, wozu das Atelier an der Farbgasse noch genutzt werden kann. «Eine Idee wäre ein Änderungsservice für Kleider anzubieten, da es in Langenthal nur wenige Dienstleister in diesem Bereich gibt.» Um ein anderes Berufsfeld abzudecken, könnten die weitläufigen Räume in eine Werkstatt umgewandelt werden. «Eine Velowerkstatt ist eine Idee, die sich immer mehr festigt», meint Armin Brüllhardt. Welche Idee zuerst umgesetzt wird, wird sich in der nächsten Zeit noch zeigen.

Informationen: Freiwillige für Gartenarbeit/ Veloreparaturen gesucht! Die Heilsarmee Flüchtlingshilfe Langenthal sucht Freiwillige, die Erfahrung in Gartenarbeit und/oder Veloreparaturen haben. Interessierte können unter rst_langenthal@heilsarmee.ch melden.

Autor
Quelle: Neue Oberaargauer Zeitung (27.03.2019)

Publiziert am
27.3.2019