Im Wärmeraum der Heilsarmee St. Gallen

Im Wärmeraum der Heilsarmee St. Gallen

© Heilsarmee St. Gallen / Lizenzfrei

Weil Restaurants zu sind, finden Menschen bei der Heilsarmee Schutz vor der Kälte. Kommen Sie mit auf einen Rundgang durch den Wärmeraum in St. Gallen

Valentin und Kira stehen schon ein paar Minuten vor zehn Uhr vor der Tür des neu eröffneten Wärmeraums der Heilsarmee St. Gallen. Seit bald drei Stunden bereits sind sie bei leichtem Schneefall und Temperaturen um null Grad draussen.

Nirgends können sie sitzen, weil alle Restaurants geschlossen sind und auch die sozialen Einrichtungen der Stadt nur einen Kaffee-to-go und Take-Away anbieten wegen der Pandemie. Kira hat geschwollene und offene Füsse, aufgrund eines Unfalls kann sie kaum mehr laufen. Valentin wartet auf neue Papiere und sucht verzweifelt nach Arbeit. Beide sind nicht drogensüchtig. Alkohol spielt bei den beiden auch keine Rolle, nicht mal rauchen tun sie. Trotzdem sind sie obdachlos hier in unserer Schweiz. Ein paar Minuten später kommen noch Daniel und Johann dazu, beide auch obdachlos.

Ich, Marcel, schliesse die Türe zum Wärmeraum auf. Ein kleiner Raum – mehr als vier Menschen dürfen nicht rein gemäss Schutzkonzept –, aber gemütlich eingerichtet. Mit Sitzmöglichkeiten, einem Bett zum Liegen, einer kleinen Küche und Sanitären Anlagen. Kiras Augen strahlen. Endlich raus aus den unbequemen Schuhen! Sie legt sich aufs Bett und freut sich auf warmen Kaffee. Bis abends um halb acht Uhr kehrt nun ein bisschen Ruhe ein in den sonst so hektischen Leben der vier Besucher. Sie sorgen füreinander, kochen miteinander und machen Brettspiele.

Um 19:30 Uhr schliesse ich den Wärmeraum wieder, in einer halben Stunde nämlich macht die Notschlafstelle auf. Ich wünsche allen eine gute Nachtruhe: «Bis Morgen.» Kann es sein, dass Kiras Augen mehr strahlen als noch ein paar Tage zuvor?

Autor
Marcel Bürgi, Heilsarmee St. Gallen

Publiziert am
18.1.2021