Jukebox statt Kirchenorgel

Jukebox statt Kirchenorgel

Major Andreas Fuhrer hinter der Wunder-Bar in der Factory
Major Andreas Fuhrer hinter der Wunder-Bar in der Factory
© Andreas Fuhrer / Lizenzfrei

Die Luzerner Zeitung berichtet in diesem Artikel über die Eröffnung der «Factory» in Luzern.

Die Heilsarmee will ihr verstaubtes Image ablegen und eröffnet im Luzerner Bruchquartier eine «Factory».

Das Projekt «Factory» entstand, nachdem die Heilsarmee ihren Auftritt in der Stadt Luzern neu überdenken musste. Denn kaum einer fand noch den Weg in ihre bisherige Lokalität an der Dufourstrasse 25.

Als diese vor einer Sanierung stand, suchte die Heilsarmee nach einer Übergangslösung. Doch es kam anders. Auf der Suche entdeckte sie sogar ihr neues Zuhause. Und zwar an der Bruchstrasse, wo zuletzt Gastroeinrichtungen verkauft wurden. «Wir wollten mit alten Klischees brechen und etwas Neues wagen», sagt Andi Fuhrer, der zusammen mit seiner Frau Anne-Marie die «Factory» führt.

Das Projekt nahm das Ehepaar vor drei Jahren an die Hand, als es in der Heilsarmee als neues Luzerner Leitungsteam begann. 

Neustart mit Industriecharme 
Für die Realisierung und die Finanzierung des neuen Projektes hat die Heilsarmee ihr Haus an der Dufourstrasse verkauft und konnte so das neue Projekt an der Bruchstrasse 59 in Angriff nehmen. Die Eigentümer dieser Liegenschaft sind die Erben Paul Hürlimann, die zum Teil auch im Haus wohnen. Sie zeigten sich begeistert vom Projekt der Heilsarmee und es kam zum Vertrag. An der Bruchstrasse 59 war einst die Getränkefabrik Paul Hürlimann und Sohn untergebracht.

Nun weht jedoch ein neuer Wind durch das alte Gemäuer. Wer jetzt aber in Zusammenhang mit der Heilsarmee nur an verstaubten Mief denkt, wird in den neu gestalteten Räumen schnell eines Besseren belehrt. Sie haben ihren Industriecharme behalten. Die Wasserleitungen sind sichtbar und die Ölflecken am Boden genauso wie die Risse in den Wänden wurden beibehalten. Die Einrichtung ist originell und funktional.

Und es hat genügend Platz für Kunst. Die Öffnungszeiten der «Factory» sind noch flexibel. Fix ist einzig der Donnerstag von 14 bis 18 Uhr und alle zwei Wochen der Sonntag ab 10 Uhr. Donnerstags ist jeweils der Salon Bleu als Treffpunkt geöffnet. Und sonntags findet der Brunch-Gottesdienst in der ehemaligen Fabrikhalle statt, das erste Mal am kommenden Sonntag, dem 15. August. 

«Bei uns sind alle willkommen» 
Weitere Angebote sind in Planung, müssen jedoch noch entwickelt werden - je nach Nachfrage und personellen Ressourcen. Denn aktuell betreiben die beiden Fuhrers die «Factory» in Eigenregie. Wen den Gwunder bereits jetzt packt, der kann falls das Eingangstor offen steht - auch spontan einen Besuch machen. «Bei uns sind alle willkommen, zum Reden, zum Sein. Es soll ein Ort der Begegnung sein. Nur wenn das Tor zu ist, ist wirklich geschlossen», erzählt Andi Fuhrer weiter. Und er betont, sie seien kein Cafe, sondern ein einfacher Treffpunkt, ein Ort der Begegnungen für Leute aus dem Quartier und Passanten. Vergleichbar sei dies etwa mit der Zwitscherbar der reformierten Kirche, die im Heilsarmee Quartier war und jetzt wieder an der Morgartenstrasse beheimatet ist.

Neben dem von der Strasse einsehbaren Salon Bleu gibt es im hinteren Bereich auch eine Bar. «Dort hat es eine kleine Bühne. Und dort werden bald nebst unseren Gottesdiensten auch Kreativkurse, kleine Jazzkonzerte oder sonst kulturelle Anlässe stattfinden können, denn hier ist der Eventbereich», wie Andi Fuhrer die Nutzung der einzelnen Räume erklärt. Die Anlässe sind noch nicht programmiert und werden nach der Einweihung des neuen Standortes vom 3. bis 5. September diskutiert. 

Hat die Wunderbar etwas mit der Wonderbar zu tun? Beim Namen Wunderbar klingelt es in einigen Ohren. An der Burgenstrasse gibt es doch Tschuppi’s Wonderbar. Andi Fuhrer erklärt: «Ja, klar, aber wir sind mit u und nicht mit o geschrieben. Und nochmals: Wir sind kein Barbetrieb, sondern ein Treffpunkt. Und der Name bezieht sich auf die Bartheke, das ist unsere Wunderbar. Denn in dem Möbel ist eine Klangmaschine integriert, die durch Kurbeln Töne erzeugt.» Übrigens wisse Tschuppi von seiner «Wunderbar». Und da gibt es eine weitere Trouvaille in diesem Raum. Fuhrer sagt: «Ja, unsere Jukebox ist auch ein absoluter Hit. Sie provoziert Dynamik und Stimmung und ist gewissermassen unsere Kirchenorgel. Denn hier finden auch die Brunch-Gottesdienste statt.» Das Repertoire der Jukebox decke ein breites Spektrum ab und umfasse übrigens Musiktitel von Jimi Hendrix, der US-amerikanischen Rockband Toto, aber auch von Abba und Glen Miller ...

Autor
Sandra Monika Ziegler, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 11.08.2021

Publiziert am
11.8.2021