Lebensgeschichten zum Kaffee

Lebensgeschichten zum Kaffee

Die Beratungsstelle C.A.S.A. hilft Menschen in verschiedensten Situationen. Ihr kommt ein Teil des Geldes aus der Topfkollekte zugute.
Die Beratungsstelle C.A.S.A. hilft Menschen in verschiedensten Situationen. Ihr kommt ein Teil des Geldes aus der Topfkollekte zugute.
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Am Sonntag organisiert die Heilsarmee Winterthur ein Weihnachtsfest für bedürftige Personen - ein Interview mit Kapitän Stephan Knecht.

Wer in Not ist, findet bei der Heilsarmee ein offenes Ohr, eine warme Mahlzeit oder ein freies Bett. Und manchmal sogar ein bisschen mehr. Im Dezember steht die Heilsarmee auf der Strasse, singt und sammelt für Menschen, die den Boden unter den Füssen verloren haben. Am nächsten Sonntag feiern bedürftige Menschen zudem gemeinsam ein grosses Weihnachtsfest. Kapitän Stephan Knecht, Korpsoffizier der Heilsarmee Winterthur, erklärt, wie diese Sause jeweils abläuft, und wie gross die Nachfrage nach einem Ticket jährlich ist.

Wie gestaltet sich das Weihnachtsfest der Heilsarmee vom Sonntag?
Stephan Knecht: Den Gästen wird ein Festessen serviert. Währenddessen spielt unsere Brass Band Tafelmusik. Zwischen Hauptgang und Dessert führt eine Gruppe aus Erwachsenen und Kindern der Heilsarmee Winterthur ein Theaterstück auf, gefolgt von einem kurzen Weihnachtsimpuls. Anschliessend ans Essen wird den Gästen ein Migros-Gutschein und gestrickte Socken - die übrigens sehr beliebt sind - als Weihnachtsgeschenk überreicht.

Wo wird in diesem Jahr gefeiert?
Dieses Jahr sind wir erstmals im Restaurant JJ's Inn in Töss zu Gast.

Wer wird zum Weihnachtsfest eingeladen?
Unsere Gäste sind Bezüger unserer Tischlein-deck-dich-Abgabestelle, Bewohner unserer Heime und Klienten, auch ehemalige, unserer Sozialen Beratungsstelle C.A.S.A. an der Gartstrasse. Die Gäste kriegen ein Ticket für das Fest. Da weit mehr Menschen von diesem Angebot profitieren möchten, als wir Plätze zur Verfügung haben, geht es in Reihenfolge der Anfragen.

Wie viele Plätze kann die Heilsarmee denn bieten?
Leider können wir «nur» 160 Plätze bieten.

Gibt es auch «Stammgäste»?
Es gibt unter den Gästen Leute, die schon einige Jahre am Fest teilnehmen. Jedes Jahr stellen wir aber auch fest, dass eine grosse Anzahl Erstbesucher anwesend sind.

Wie erleben Sie jeweils die Feier?
Die Atmosphäre ist immer sehr lebendig. Es sitzen Menschen verschiedenster Herkunft am selben Tisch. Letztes Jahr zum Beispiel gefiel mir gut, wie die Gäste auf das Theater reagiert haben. Es wurde eine Szene gespielt, in der Maria und Joseph miteinander über die unverhoffte Schwangerschaft Marias kontrovers diskutierten. Einige Gäste gingen da richtig mit, indem sie sich aktiv mit Zwischenrufen an der Diskussion beteiligten.

Welche speziellen Begegnungen finden jeweils statt?
Vor allem gegen Ende der Feier beim Kaffee kommt es zwischen uns und den Gästen immer wieder zu schönen Gesprächen, wo manchmal auch ganze Lebensgeschichten zu hören sind. Wir erleben auch jedes Jahr, wie dankbar die Menschen sind. Insgesamt ein Aufsteller.

Welche Bedeutung hat dieses Fest bei den bedürftigen Menschen?
Ich denke, das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Leute, die sich freuen, in der Weihnachtszeit an einen festlichen Anlass bei gutem Essen eingeladen zu sein. Andere lockt vor allem der Gutschein. Je nach Gruppe ist es auch ein soziales Ereignis, wo man sich in einem würdigen Rahmen treffen kann.

Welche weiteren Aktionen organisiert die Heilsarmee in der Adventszeit?
Die grösste Aktion, die wir organisieren, ist die Topfkollekte. Vom 19. bis 22. Dezember sind wir singend, musizierend und sammelnd in der Innenstadt anzutreffen.

Wie wird das gesammelte Geld eingesetzt?
Das während der Topfkollekte gesammelte Geld kommt direkt bedürftigen Menschen zugute. In unserer Beratungsstelle C.A.S.A., die das ganze Jahr hindurch geöffnet hat, werden Menschen in verschiedensten Situationen beraten. Ihnen wird je nach Bedarf aber auch finanzielle Unterstützung angeboten. Das sind Working Poors, Arbeitslose und auch sonstige Personen, die unter dem Existenzminimum leben. Da kann bereits eine Rechnung des Zahnarztes das finanzielle Genick brechen. In solchen Situationen versuchen wir, die Not zu lindern. Unsere Heime haben einen Hilfsfonds, der durch die Topfkollekte geäufnet wird. Der kommt jenen zugute, die keine odre noch Kostengutsprache haben. So können Menschen in Not rasch und ohne administrative Hürden vorläufig aufgenommen werden, bis die Situation geklärt ist. Ein dritter Verwendungszweck ist das Weihnachtsfest, von dem wir eben sprachen.

 

Autor
Quelle: Winterthurer Zeitung (12.12.2018)

Publiziert am
12.12.2018