Unvergessliche Begegnungen

Unvergessliche Begegnungen

© Ervin Nagy / Lizenzfrei

Die Offiziersschüler (Kadetten) der Heilsarmee Ungarn unternahmen Mitte Februar eine Missionsreise nach Rumänien. Die Begegnungen bleiben unvergesslich.

«Mit einem Lieferwagen voller Spenden und einem siebenköpfigen Team brachen wir am Mittwoch, den 15. Februar, zu einer Missionsreise nach Rumänien auf. Der Start verlief nicht reibungslos: Einige Dinge liefen schief und zwei Personen mussten die Reise in letzter Minute wegen Krankheit absagen. So kamen wir, etwas verspätet und mit weniger Personal als geplant, gegen 2 Uhr morgens Ortszeit in unserer Unterkunft an, die etwa 700 km von Budapest entfernt lag.

Unsere Aufgabe bestand darin, eine von einer unserer Partnerorganisationen vorbereitete Spende an einen Vertreter der örtlichen Pfingstgemeinde zu übergeben. Die Organisatoren unserer Reise vereinbarten ausserdem, dass der Verantwortliche vor Ort nach Erhalt der Spende mit uns eine zweitägige Tour durch die Roma-Kirchen in seinem Bereich machen würde. Dort würden wir die Gelegenheit haben, Zeugnis abzulegen, Gott zu preisen und kurze Botschaften mit der Bevölkerung zu teilen.

Am nächsten Tag wurden wir in Odorheiu Secuiesc von Laci Boldizsár oder Bruder Laci, wie er von der Mehrheit der Roma-Gläubigen genannt wird, begrüsst. Wir luden die Spende ab und nach einem Gebet und einem Fachgespräch machten wir uns auf den Weg, um die hauptsächlich von Ungarn und Ungarinnen bewohnte Region zu besichtigen.

Zunächst kamen wir in ein Dorf südöstlich von Odorheiu Secuiesc. In diesem chaotischen Roma-Dorf wurden wir von ärmlichen Hütten, schlammigen Wegen und Strassenhunden empfangen. Doch im Herzen der kleinen Häusergruppe brannte ein Feuer, das alle unsere Zweifel verfliegen liess: Wir waren in einer christlichen Gemeinde angekommen.

Der improvisierte Gottesdienst konnte beginnen: Gemeinsames Gebet, Lieder, Zeugnisse. Wir tauschten auch unsere Lebensgeschichten aus, und Bruder Laci bat einen fünfjährigen Jungen, uns zu erzählen, was bei ihnen zu Hause passiert war. Wir mussten ihm ein wenig dabei helfen, aber schliesslich erfuhren wir, dass sein gelähmter Bruder im Krankenhaus gewesen war. Er betete jedoch für ihn, und sein Bruder, der etwa sieben Jahre alt war, wurde vollständig geheilt. Der kleine Junge war zu Tränen gerührt, als er zeigte, wie er gebetet hatte. Die anderen bestätigten seine Geschichte. Bruder Laci stellte schliesslich die Frage: Was möchtest du werden, wenn du gross bist? Die Antwort war eindeutig: Priester!

Auch unser zweiter Gottesdienst fand im Haus einer Roma-Familie statt. Sie lebten sichtlich in besseren Verhältnissen als unsere vorherigen Bekannten. Das Innere war prächtig mit leuchtenden Farben, geschnitzten und vergoldeten Möbeln, Spitze, Porzellan und spektakulären Vorhängen dekoriert. Die Frauen waren freundlich und wunderschön gekleidet. Sie bedeckten sich mit langen Röcken und Kopftüchern. Die Kultur ist zwar anders als bei uns, aber es bleibt derselbe Herr.

Am Abend übten wir unseren Dienst in der Kirche von Bruder Laci in Odorheiu Secuiesc aus. Ich schätze, dass wir beim Gottesdienst etwa fünfzig Personen waren. Die Begeisterung war sehr gross. 

Ein junger Mann in den Zwanzigern erzählte, dass fünf seiner Verwandten – seine Eltern, seine Grosseltern und sein kleiner Bruder – bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Trotzdem gibt er Gott nicht die Schuld an dem, was passiert ist, sondern hat sein Leben Jesus gewidmet. Er bat um Gebet, und auch viele andere Personen baten um ein persönliches Gebet für Heilung.

Am nächsten Tag setzten wir unsere Reise durch die Region fort. Zunächst bat uns Bruder Laci um Hilfe, um einer sehr armen Familie ein grosses Bett zu bringen, da sie kein Auto haben, das gross genug dafür ist. Ein Einheimischer schenkte es den Leuten, weil er sein Haus verkauft hatte und das Bett nicht mehr benötigte. Also luden wir das riesige Bett in den Lieferwagen, segneten den wohlwollenden Besitzer und fuhren zu der Familie. Es warteten in der Tat arme Menschen auf uns. Die Temperatur muss um den Gefrierpunkt gelegen haben, aber die Grossfamilie kam kaum bekleidet aus ihrer armseligen Hütte. Sie waren begeistert von der Lieferung, da die Kleinen zusätzlich Spielsachen erhielten. Leider wurden keine Schuhe geliefert. Ein kleines Mädchen von etwa vier Jahren hatte Turnschuhe in Erwachsenengrösse an den Füssen. Trotzdem wurde ich mit ‹Gott segne Sie› begrüsst. Wir freuten uns gemeinsam und setzten dann unseren Weg fort, indem wir ihnen Gottes Segen wünschten. Wir verliessen die Farm mit zugeschnürter Kehle und dachten, dass dies die grösste Überraschung für diesen Tag gewesen war – aber wir hatten uns geirrt. 

Der nächste Besuch war ein Roma-Dorf mit einem unbekannten Namen. Unsere Ankunft glich einer apokalyptischen Szene aus einem Fantasyfilm. Als wir den Hügel hinaufgingen, kamen zerlumpte und schmutzige Roma-Kinder in Scharen aus den Baracken, liefen und schrien neben den Autos. Ich habe noch nie in meinem Leben Menschen gesehen, die unter so erbärmlichen Bedingungen leben. Es war sehr kalt, aber als die Gitarre für einen Gottesdienst im Freien herausgeholt wurde, stimmten die Kinder mit grosser Begeisterung in den Lobpreis ein und klatschten und hoben die Hände. Ein kleines Mädchen stand im Schnee, bekleidet mit einem T-Shirt, einem Sweatshirt ohne Reissverschluss und einer kurzen Hose, einen schlechten Damenschuh an einem Fuss und einen Strandschuh am anderen. Ich erinnerte mich an eine Passage aus meiner Zeit als Soldat: ‹Ich werde ein Freund für diejenigen sein, die keine Freunde haben.› Ich spürte, wie sehr Gott sie liebt. Es war erschütternd und gleichzeitig wunderbar.

Wir haben in diesen wenigen Tagen viel Armut und erschütternde menschliche Schicksale gesehen und waren von der Reise sehr erschöpft. Den letzten Morgen vor unserer Rückreise nach Ungarn verbrachten wir damit, miteinander zu reden, unsere Gefühle und Eindrücke auszutauschen und gemeinsam zu beten. Wir haben Rumänien hinter uns gelassen, aber wir werden diese Reise niemals vergessen können.»

Autor
Ervin Nagy, Kadett der Heilsarmee Ungarn

Publiziert am
30.3.2023