An Weihnachten soll niemand allein sein

An Weihnachten soll niemand allein sein

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Zu Besuch bei der Heilsarmee Affoltern und den Kapitänen Manuel und Laetitia Fuhrer.

Diese Tage flatterte ein Faltblatt mit traditionellen Weihnachtsliedern in die Briefkästen. Mit dabei ein Hinweis auf das soziale Engagement der Heilsarmee und ein Einzahlungsschein. Weihnachten ist für sie die wichtigste Zeit - auch weil sie für einsame, notleidende Menschen Nähe und Wärme schafft.

Manuel und Laetitia Fuhrer leiten die Heilsarmee Affoltern und sind beide Offiziere mit dem Rang «Kapitän». Dafür haben sie eine dreijährige Ausbildung absolviert. Nach 15 Dienstjahren erreichen sie den Rang Major, danachkönnen sie die Offizierslaufbahn weiterverfolgen, Oberst-Leutnant, Oberst und Kommissär werden. Ein Offizier wird als General gewählt und leitet die Heilsarmee weltweit.

Für viele mag es seltsam anmuten, dass eine Organisation, die sich dem Christentum verpflichtet fühlt, in der Form einer Armee auftritt. Dies hat nichts mit der Ideologie zu tun, sondern ist historisch zu sehen. Der methodistische Pfarrer William Booth lebte zur Zeit der Frühindustrialisierung im Londoner East End und war erschüttert über das Elend in den dortigen Slums. 1865 gründete er mit Freiwilligen aus verschiedenen Kirchen die Christliche Erweckungsgesellschaft, die in den darauffolgenden Jahren den Namen mehrmals wechselte.

Ab 1878 nannte sich die Bewegung offiziell «The Salvation Army», Heilsarmee. William Booth wurde ihr erster General. Der Kampf der Heilsarmee gegen das Elend wurde straff militärisch strukturiert. Dazu gehörte die Einführung von Rängen, Uniformen und Symbolen.

Frauen als Offiziere
Anders als beispielsweise bei der Schweizer Armee hatten Frauen von Anfang an ihren gleichberechtigten Platz. Booths Ehefrau unterstützte die Entwicklung der Bewegung. Sie war die intellektuelle Führung der Bewegung und vertrat ihren erkrankten Mann monatelang in der Leitung, organisierte Armenspeisungen, war als ausgezeichnete Predigerin bekannt und setzte sich für verbesserte Arbeitsbedingungen, besonders der Frauen, ein. Schon in der Gründungsakte wurde festgelegt, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer.

Gemeinschaftlich treten heute auch Laetitia und Manuel Fuhrer als Leiter der Heilsarmee Affoltern auf, beide predigen, sind bei den  Topfkollekten im Advent dabei und organisieren das Gemeinschaftsleben ihrer Gemeinde, die bei der Heilsarmee Korps genannt wird. Laetitia Fuhrer wuchs in einerchristlich orientierten Familie in der Westschweiz auf. Eine Schulkollegin nahm sie zu Anlässen der Heilsarmee mit und sie begann, in der Jugendgruppe mitzuwirken.

Manuel Fuhrer stammt aus einer Heilsarmee-Familie, seine Eltern und auch sein Bruder und seine Schwester sind aktiv dabei. In einem Jugendlager lernten sich Laetitia und Manuel Fuhrer kennen und lieben. Nach Affoltern wurden sie von der Heilsarmee beordert. Sie hoffen, dass sie hierbleiben können, denn die drei Kinder sollen die Schulen hier absolvieren dürfen. Sie wohnen im Haus, wo das Gemeinschaftsleben und die Gottesdienste stattfinden und das der Heilsarmee Schweiz gehört. So können sie Familie und Beruf optimal vereinen. Beide haben eine Vollzeitstelle bei der Heilsarmee.

Gottesdienste, Seelsorge und Öffentlichkeitsarbeit
Die Aufgaben der beiden Leiter der Heilsarmee Affoltern teilen sich auf in Gottesdienst, Seelsorge und Öffentlichkeitsarbeit. Zur ersteren gehört das Gestalten von Predigten und religiös geprägten Anlässen. Die Seelsorge besteht im Organisieren von sozialen Aktivitäten. Dazu gehört, dass die Heilsarmee ein offenes Ohr anbietet bei seelischen Problemen und existenziellen finanziellen Notlagen. Beide «Kapitäne» betonen, dass sie nicht als Psychologen oder Therapeuten ausgebildet sind, sondern zuhören und aufgrund ihrer Weltanschauung allenfalls Hinweise für Lösungen geben können.

Die Heilsarmee will wahrgenommen werden als Anlaufstelle in Notlagen, aber auch als religiöse Gemeinschaft mit einer klar definierten  Botschaft. Diese wird nicht aufgedrängt, sondern angeboten, etwa indem Manuel Fuhrer Passanten die Möglichkeit für ein gemeinsames Gebet schenkt - absolut ohne direkte Gegenleistung. «Erstaunlich viele Leute nehmen dieses Angebot wahr und sprechen mit uns ein Gebet.» Gebet ist keine Formel, sondern ein Gespräch mit Gott.

Gemeinsames Musizieren spielt in der Heilsarmee eine wichtige Rolle. Nicht nur im engen Kreis der Gemeinschaft, sondern auch öffentlich. Dies prägt das Bild, das die meisten Leute von der Heilsarmee haben: Adventszeit, ein mit Tannenästen geschmückter Topf für die Kollekte auf einem Dreibein und eine Gruppe von uniformierten Menschen, die musizieren und Weihnachtslieder singen. Deshalb auch im Briefkasten das  Faltblatt. Es soll Familien unterstützen, gemeinsam Weihnachtslieder zu singen und christliche Traditionen zu pflegen.

Autor
Quelle: Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern (13.12.2019)

Publiziert am
16.12.2019