Die Heilsarmee gratuliert Emil Ramsauer!

Die Heilsarmee gratuliert Emil Ramsauer!

Emil Ramsauer aura 100 ans. / Emil Raumsauer feiert seinen 100. Geburtstag.
Emil Ramsauer aura 100 ans. / Emil Raumsauer feiert seinen 100. Geburtstag.
© Elsbeth Cachelin / Lizenzfrei

Der Star vom Eurovision Song Contest 2013 wird am 28. Februar 100 Jahre alt. Bis heute musiziert er, bindet Bücher oder mäht den Rasen.

Gleich zwei Einsätze stehen diese Woche auf dem Programm des Jubilars: Am Dienstag begleitet er beim Gottesdienst im Altersheim die Lieder auf dem Bariton. Seine Frau Regula spielt Klavier.

Das Kirchengesangbuch sieht keine Bariton-Stimme vor. Kein Grund auf das Blasinstrument zu verzichten: Emil Ramsauer arrangiert seine Melodie im Voraus selbst; fein säuberlich mit Tinte auf Notenpapier.

Am Mittwoch dann besucht der liebenswürdige Senior mit einer Heilsarmee-Gesangsgruppe ein weiteres Altersheim, diesmal sitzt er am Klavier: „Die alten Leute freuen sich, wenn ich die Lieder begleite.“ – Kein Wunder, bleibt Emil mit so viel Notenlesen, -schreiben und -spielen geistig fit!

100 Jahre
Am 28. Februar feiert Emil Ramsauer seinen 100. Geburtstag und schimpft ein wenig: „Alle machen ein Zeug draus, ich kann es nicht verhindern, ich hätte es lieber einfach.“ Dennoch ist ihm die Wichtigkeit des hohen Geburtstags bewusst: „Jeder Tag ist ein geschenkter Tag!“

Erinnerungen
Emil Ramsauer sitzt auf seinem Lieblingsstuhl in der kleinen Stube. Darüber hängt ein Riesenrahmen, den eine Enkelin ihm gebastelt hat – alles Erinnerungen des Eurovisionsauftritts in Malmö 2013. Damals kam der vielseitige Musiker zu ungeahnter Aufmerksamkeit: Ein 95-Jähriger als Kontrabassist am ESC, und erst noch mit einer Heilsarmee-Band, das gab es noch nie und wird es auch nie wieder geben.

Was ist ihm vom glamourösen Ereignis wichtig geblieben? „Der Rummel war ermüdend, aber einmalig – die Reise, die Leute und natürlich der Bühnenauftritt.“ Und heute noch sprächen ihn in Thun die Leute auf der Strasse an: „Nur wegen Ihnen habe ich damals den Song Contest geschaut!“

Klettertour und Buchbinderei
Emil Ramsauer steht vom Lehnstuhl auf, um ein Fotobuch zu holen. Und schon balanciert er auf einem Schemel, sucht im obersten Regal des Büchergestells nach dem richtigen Band. Seine Frau bleibt gelassen; das Klettern überrascht sie nicht, denn ihr Mann ist auch körperlich weit über sein Alter hinaus fit. Letztes Jahr mähte er noch selbst den Rasen, auch wenn er sich zwischendurch hingesetzt habe ...

Zurück mit dem Fotoband erklärt Emil Ramsauer, dass er gelernter Buchbinder sei. Als letzte grössere Arbeit habe er 2017 die Piscator-Bibel des Kirchenkreis Niederscherli neu gebunden: "Der Buchrücken war etwa zwölf Zentimeter breit."

Emil bindet auch seine Fotobücher selber, bevor er sie füllt. Material liefern ihm aktuelle Zeitungsartikel oder zumeist englische Heilsarmeepublikationen; Emil Ramsauer, seit 1934 Mitglied der Heilsarmee, schneidet Bilder und Texte aus und klebt sie dann ein. „Das hilft mir, mit der Zeit ein wenig Schritt zu halten; ich verfolge besonders, was in der Heilsarmee-Welt läuft.“

Lebensmotto
Auf die Frage, wo er die Kraft für all seine Aktivitäten finde, zeigt Emil nach oben. „Ohne die Hilfe Gottes käme ich nicht ‚zschlag‘. Ich bitte Gott jeden Tag um seine Kraft.“

Aber ein Lebensmotto, das auf ihn zuträfe, käme ihm grad keines in den Sinn. Er versuche die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen, und vor allem mit dem zufrieden zu sein, was komme: „Da gilt es auch, loszulassen, und es geht nicht mehr alles so ‚ring‘“. Die Kräfte lassen nach, und liebe Menschen im Bekannten- und Freundeskreis sterben.

Seit dem Zweiten Weltkrieg
Zum Schluss zückt Emil ein kleines, abgewetztes Büchlein hervor; er trägt es seit 1939 mit sich; damals wohnte und arbeitete er in England. Er blättert bedächtig die Seiten durch und beginnt zu lesen. „‘Freut euch im Herrn. Ich betone es noch einmal: Freut euch! ... Sorgt euch um nichts, sondern betet um alles. Dann werdet ihr Gottes Frieden erfahren, der grösser ist, als unser menschlicher Verstand es je begreifen kann‘“.

Er legt das Büchlein nieder und fügt bei: „Dieser Bibelvers hat mich in all den Jahren begleitet. Ich denke, das ist mein Lebensmotto!“

 

Autor
Elsbeth Cachelin

Publiziert am
28.2.2018