Ausmisten während der Coronakrise

Ausmisten während der Coronakrise

© Willi Reutimann / Lizenzfrei

Viele Solothurner nutzten den Lockdown, um zuhause auszumisten. Die Heilsarmee brocki.ch Luterbach wird mit Warenabgaben überflutet.

Während der Coronakrise verbrachten viele Solothurner mehr Zeit zu Hause. Einige davon nutzten die Gelegenheit, um ihren Dachboden oder Keller gründlich aufzuräumen und Dinge auszusortieren. Dies bekamen auch die Brockenstuben in der Umgebung Solothurn zu spüren. Aufgrund der Massnahmen des Bundesrates mussten sie für zwei Monate schliessen. Bei der Wiedereröffnung wurden sie regelrecht mit Ware überflut.

Ilona Illing, die Leiterin der Heilsarmee brocki.ch Luterbach, erzählt von den Erfahrungen, welche sie und ihr Team im letzten Monat gemacht haben. «Wir hatten einen grossen Ansturm, als die Brocki wieder öffnete», meint sie. Die Menschen seien bei der Warenabgabe Schlange gestanden. Dies sei sehr überraschend gewesen. «Nach den zwei Monaten Schliessung hat sich jeder Tag angefühlt wie ein Samstag», erzählt sie.

Die am meisten abgegebene Ware stamme aus den ge­wohnten Kategorien. «Hauptsächlich haben wir Bücher und Kleider erhalten. Dies sind allgemein die Produkte, welche wir oft bekommen,» erklärt Illing. Es seien aber auch untypische Waren abgegeben worden. «Unter den Abgaben war viel Kleineres sowie einiges an Dekorationsartikeln.» Bei solchen Objekten handle es sich um Gegenstände, von denen sich die Menschen einfach trennen würden.

Ebenfalls vor Ort ist der Geschäftsleiter Jakob Amstutz von Brocki Schweiz. Er erzählt mehr zum Hintergrund der Brockenstube in Luterbach. Die Brocki sei nicht nur dazu da, Ware abzugeben, welche die Menschen nicht mehr wollen. «Wir helfen den Menschen, Abschied zu nehmen», erklärt er. Die Brocki in Luterbach gebe es seit September 2018. Am ersten Tag hätten sie 1500 Besucher gehabt. «Nun besuchen uns etwa 200 bis 250 Kunden am Tag.» Das Geschäft bestehe aus einer Fläche von etwa 2000 Quadratmeter sowie eine Lagerfläche von 400 Quadratmetern. Es scheint jedoch kein Problem zu sein, die Fläche zu füllen.

Bei einem Rundgang durch die Brocki fällt auf, wie viel Ware vorhanden ist. Vor allem bei den Büchern und Kleidern scheint dies der Fall zu sein. Wo man auch hinschaut, stehen Lampen, Möbel und Dekorationsartikel. Beim Stöbern durch die nach Kategorien sortierten Regale wird klar: Die Menschen hatten Zeit zum Aussortieren. Sogar Erbstücke werden abgegeben Dies sieht man auch bei der Brockenstube Hiob in Bellach.

Am Telefon erzählt die Leiterin Tanja Henzi, wie es der Brockenstube erging. «Die erste Woche hatten wir einen grossen Ansturm und bekamen sehr viel Ware.» Bereits nach einer Woche hätten sie deshalb einen Warenstopp machen müssen. Da sie momentan Kurzarbeit hätten, sei kaum mehr Zeit, um die neue Ware auszusortieren. Etwas ruhiger war es bei der Warenabgabe der Brocante Biberist. Bei ihnen habe sich die Warenabgabe in Grenzen gehalten, erzählt Arnoud van der Sman, der Leiter der Brocante. Dies liege daran, dass sie ein Plakat angebracht hätten. Mit diesem hätten sie darum gebeten, nichts einfach zu platzieren. «Wir haben von einer Brockenstube in Lyss gehört, die während der Schliessung mit Ware überladen wurde», erzählt er. Sie hätten während dieser Zeit viel schöne Ware bekommen.

«Wir merken, dass die Menschen viel Zeit zum Aufräumen hatten. Sie haben selektierte Ware vorbeigebracht und nicht einfach Dinge, die sie loswerden wollten.» Seit sie wieder öffneten, hätten sie viele Kunden gehabt. «Die Leute können sich gut bei uns verweilen. Wir haben guten Umsatz gemacht.» Dafür seien sie nach zwei Monaten Schliessung sehr dankbar. Auffällig ist bei allen Befragten, dass durch den Ausnahmezustand speziellere Ware aufgetaucht ist. Darunter auch Gegenstände, die eine emotionale Bedeutung für die Menschen haben.

Dies bestätigt auch Illing von der Brocki Luterbach. «Es wurden viele Gegenstände zu uns gebracht, bei denen die Menschen etwas länger brauchen, um sich davon zu trennen», meint sie. Es sei sehr bewusst geräumt worden. «Es wurden viele Gegenstände mit emotionalem Wert abgegeben.» Dazu würden zum Beispiel Bilder oder Erbstücke gehören. «Bei den Abgaben wurde viel erzählt.» Dadurch merke sie, dass es für die Angehörigen schwierig und emotional sei, die Ware abzugeben

«Es werden oft Gegenstände, die eine Geschichte dahinter haben, gebracht. Dinge von Menschen, die ins Altersheim mussten oder verstorben sind.» Die Entgegennahme sei also nicht immer einfach für das Personal. Man müsse bei solchen Fällen trotz Warteschlange ein wenig Geduld haben. Genutzt haben die Menschen die Brockenstuben aber nicht nur zum Abladen vom Aussortierten.

«Die Personen, welche in der Brocki Gegenstände abgeben, sind auch diejenigen, die gerne eine Runde durch die Brocki drehen und ein wenig Stöbern», meint Illing aus Luterbach. Es sei ein Erlebnis für sie. Ilona Illing, die Leiterin der Heilsarmee Brocki Luterbach, nimmt sich trotz Hektik gerne Zeit für die Kunden.

Autor
Quelle: Aargauer Zeitung (11.06.2020)

Publiziert am
12.6.2020