Jeder Christ wird berufen

Jeder Christ wird berufen

© Sébastien Goetschmann / Lizenzfrei

Am Sonntag, 16. September, fand im Korps Bern der „What if Day“ statt – Gelegenheit, sich über die eigene Berufung Gedanken zu machen.

Während des Gottesdienstes hatten die Anwesenden die Möglichkeit, mehr über die Kadetten zu erfahren, die in diesem Sommer die Offiziersausbildung in am Bildungszentrum begonnen haben. Dazu wurden sie kurz vorgestellt. Jeder Kadett und jede Kadettin hatte ein paar Schuhe angezogen, die etwas über ihre Persönlichkeit verraten.

  • Fussballschuhe für Mirco Omlohr. Er ist grosser Fussballfan, aber auch ein Teamplayer, was er auch als Offizier sein will.
  • Schuhe mit Absatz für Aurore Geiser. Diese versinnbildlichen ihre Kreativität, sie ist von Beruf Modedesignerin. Und da man mit Absatzschuhen nur schlecht rennen kann, will sich Aurore Zeit nehmen, mit Menschen unterwegs zu sein.
  • Turnschuhe für Samuel Schmid. Dies sind praktische Schuhe, sind überall passend. Samuel möchte im Alltag mehr von Gott entdecken und mehr Zeit mit Gott verbringen.
  • Veloschuhe für Stève Galeuchet. Weil er es liebt, neue Gegenden mit dem Velo zu entdecken und auch innerhalb von Biel mit dem Velo unterwegs ist. Generell ist Sport wichtig für Stève: Die Werte, die Selbstüberwindung, der gegenseitige Respekt, das alles ist ihm wichtig. Ebenso der Aspekt der Begegnung, da Sport vereint. Über den Sport schliesslich hat er seine Frau Debora kennen gelernt.
  • Skischuhe für Franziska Hari. Eine natürliche Wahl für den Schneefan aus Adelboden. Franziska will achtsam sein für Pisten, die Gott in ihrem Leben legt.
  • Robuste Wanderschuhe für Miriam Schulz, welche die Berge liebt. Weil sie sich erheben und dem Himmel nähern möchte, geistlich gesprochen.
  • Angenehme Mocassins für Debora Galeuchet. Um die Füsse schön an der Wärme zu haben, während sie einem Kaffee nippt oder ein Buch liest, auf dem Sofa. Aber auch, weil es sich um einen Schuh handelt, der von einem kanadischen Ureinwohner in einem Zentrum der Heilsarmee von Hand angefertigt wurde.
  • Leichte Schuhe für Jonad Bosshard. Weil er es liebt, draussen zu sein, in der Natur. Aber auch, weil diese Schuhe sehr flexibel und ideal zum Klavierspielen sind. Diese Flexibilität wünscht sich Jonas auch als angehender Offizier.
  • Klassische Schuhe für Céline Voumard. Die Schuhe des Eifers, das Evangelium zu verbreiten, will Céline jeden Tag anziehen, um darauf hinzuweisen, dass Gott heute noch Wunder tut. Und diese Schuhe sind fair trade, ein wichtiger Aspekt für sie.
  • Und schliesslich gelbe, sehr praktische Schuhe für Joëlle Catalanotto. Bequeme Schuhe, mit denen man fast alles unternehmen kann. Vor allem aber sind sie gelb, die Farbe der Freude. Mit Freude möchte sie ihren künftigen Dienst ausführen.

Nach den musikalischen Darbietungen der Lobpreisgruppe und des Frauenchors des Korps Bern gab Kadettin Céline Voumard ein Zeugnis. Als sie noch in Aigle arbeitete, hatte sie eher in die Richtung des sozialen Bereichs gehen wollen. Sie änderte aber rasch ihre Meinung, als sie an einem beruflichen Scheideweg stand. Mehrere Monate lang betete sie um Führung, und an einer Versammlung vernahm sie schliesslich den Ruf Gottes für den vollzeitlichen Offiziersdienst. Trotz ihrer Angst, ihre Unabhängigkeit zu verlieren und sich in einem zu engen Rahmen wiederzufinden, konnte sie nicht nein sagen. Und Gott versicherte ihr, dass sie ihm so dienen könne, wie sie sei, mit ihrer Kreativität und ihrer Persönlichkeit. Denn die wahre Freiheit sei bei Gott.

Kapitän Christoph Lässig schilderte anschliessend den Alltag am Bildungszentrum Biel, angefangen beim Kaffee. Denn ja – ein guter Kaffee löst alle Probleme: Er gibt Energie am Morgen, wenn man noch müde ist, er nimmt den Ärger weg, wenn der Computer streikt. Man trinkt einen Kaffee, und schon läuft alles besser. Gibt es einen Konflikt zu regeln? Am besten bei einer Tasse Kaffee.

Und ausserdem? Es gibt noch einen weiteren wichtigen Faktor: die Bibel. Die zwei Ausbildungsjahre sollen es den Teilnehmenden ermöglichen, ihre Bibelkenntnisse zu vertiefen und Gott besser kennenzulernen, aber auch herauszufinden, was der Offiziersdienst praktisch bedeutet und sich innerhalb der internationalen Heilsarmee ein Netzwerk zu bilden.

Die Berufung jedes Gläubigen
In seiner Botschaft verwendete Major Daniel Imboden, Leiter Abteilung Personal, den Psalm 1,1-3, um die Erneuerung und den Neustart der Kadetten zu illustrieren. „Wohl dem, der nicht wandelt nach dem Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über sein Gesetz nachsinnt Tag und Nacht. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und alles, was er tut, gerät wohl.“

Erste Feststellung: Gott will, dass wir glücklich sind. Und er gibt drei Kategorien von Lösungen, wie wir dies erreichen können: Was wir nicht tun sollen, was wir tun sollen und was wir sein sollen. Der Psalm beginnt damit, was der Mensch nicht tun, was er hinter sich lassen soll. Im Leben können wir uns aussuchen, mit wem wir zusammen und an wessen Seite wir sein wollen. Wir können uns fragen, ob es gut für uns ist, uns an dieser oder jener Stelle niederzulassen oder ob es nicht irgendwelche Dinge gibt, von denen wir uns besser trennen sollten.

Nun folgt, was wir tun sollen: Gottes Wort hören, seine Stimme suchen und seine Gebote folgen. Und schliesslich müssen wir, um glücklich zu sein, mit der Quelle verbunden bleiben und Frucht tragen. Sind wir glücklich in unserem Christenleben und tragen wir Frucht? Jeder Christ hat eine spezielle Berufung. Und wenn ich jemand wäre, der die Aufgabe hat, meinem Nächsten den guten Weg zu weisen?

Diskussion über die Berufung
Am Nachmittag beantworteten vier Heilsarmee-Offiziere viele Fragen aus dem Publikum zum Thema Dienst und Berufung: Kapitänin Judith Dummermuth, Korpsoffizierin in Adelboden, Majorin Sylvette Huguenin, Divisionschefin der Division Romande, Major Markus Brunner, Divisionschef Divison Ost, und Oberstleutnant Georges Donzé, Ruhestandsoffizier.

Mit Ihrem jetzigen Wissenstand – was hätten Sie gerne gewusst, bevor Sie Offizier wurden?
Judith Dummermuth: „Nichts, denn Gott hält alles in seinen Händen, man muss ihm einfach vertrauen."
Sylvette Huguenin: „Ich hatte mich auf eine naive Art und Weise verpflichtet. Vielleicht hätte ich mich nicht verpflichtet, wenn ich gewusst hätte, was alles auf mich zukommt.“

Warum haben Sie ja zum Offiziersdienst gesagt?
Georges Donzé: „Als ich auf die 40 zuging, war ich mir des Offiziersmangels bewusst. Zusammen mit meiner Frau wollten wir einen Offizier in einer sozialen Institution ersetzen, damit er die Leitung eines Korps übernehmen kann. Dann wurden wir aber sehr klar und deutlich selber berufen.
Sylvette Huguenin: „Mein Mann hat die Berufung vor mir erhalten, ich bat um eine Bestätigung. Aber ich glaube, dieses Ja muss jeden Tag aufs Neue gegeben werden. Selbst wenn es eine Verpflichtung auf Lebzeiten ist, muss man sich die Frage der Berufung immer wieder neu stellen.“

Was passiert, wenn jemand nein sagt?
Markus Brunner: „Das kann vorkommen und ich kann es verstehen. Aber unser irdisches Leben ist irgendwann zu Ende und ich möchte mich dann nicht fragen müssen, was gewesen wäre, wenn ich ja gesagt hätte.“
Judith Dummermuth: „Man kann nein sagen, aber ich will dort sein, wo Gott mich haben will. Wenn man nicht auf seinen Ruf hören will, um als Offizier zu dienen, oder auf einen ganz anderen Ruf, profitiert man nicht von der ganzen Fülle, die Gott für einen vorbereitet hat.“
Sylvette Huguenin: „Ich glaube nicht, dass das irgend ein Unglück nach sich zieht, bestimmt aber Reue. Selbst wenn Gott es in Liebe anbietet, ist es möglich, etwas Gutes abzulehnen und daran vorbeizugehen.“
Georges Donzé: „Ich glaube, dass ich einmal einem Ruf nicht gefolgt bin. Als ich jung war, fragte mich ein Salutist, ob ich nicht Offizier werden sollte, und ich sagte nein. Erst viel später und mit der Gewissheit, dass der Heilige Geist in mir lebt, kam der Ruf viel klarer zu mir.“

Gab es Widerstand, als sie sich verpflichteten?
Judith Dummermuth: „Als ich es meinem Vater sagte, meinte er, ich spinne. Aber es war eine Entscheidung zwischen Gott und mir, die ich niemals bereut habe.“
Markus Brunner: „Offizier zu werden ist ein Weg, nicht etwas Starres. Es gibt Veränderungen und demzufolge auch Widerstände, weil man sich manchmal schwertut damit, dass sich etwas verändert."
Sylvette Huguenin: „Wir reagieren alle mit Widerstand und Konflikten, und es ist gut, sich selbst in Frage zu stellen, ohne sein Selbstvertrauen zu verlieren. Man darf anderen gegenüber auch nicht zu sensibel sein.“
Georges Donzé: „Als wir beschlossen, Offiziere zu werden, sind zwei unserer Kinder krank geworden. Manchen Leute sagten uns: Eure Kinder bezahlen eure Entscheidung. Das war sehr hart. Aber die Schwierigkeiten haben die Berufung nicht in Frage gestellt.

Wäre es nicht einfach und vorteilhafter gewesen, sich als Mitarbeiter zu engagieren?
Markus Brunner: "Vielleicht schon, aber dann hätte man seine Berufung abgelehnt. Allerdings glaube ich mit Blick auf die Entwicklung in der Gesellschaft, dass die Heilsarmee für ihre Offiziere neue Wege finden muss.“
Georges Donzé: „Wenn es nur um finanzielle Vorteile geht, lohnt es sich nicht, darüber nachzudenken. Bevor ich meinen Job kündigte, um in die Offiziersschule einzutreten, stellte ich eine Liste mit allen Vorteilen und Nachteilen auf. Bei den Vorteilen zählte ich als Erstes den Segen auf. Das genügte mir.“

Gibt es Entscheidungen der Heilsarmee, mit denen Sie nicht einverstanden sind?
Markus Brunner: „Ich war wütend, als ich einen Wechsel ins divisionale Hauptquartier erhielt. Ich wollte kein Divisionschef sein. Aber als ich mit meiner Frau darüber betete, konnten wir schliesslich die Entscheidung akzeptieren.“
Judith Dummermuth: „Der Wechsel von Solothurn nach Adelboden war schwierig. Wir mussten bestehende Beziehungen aufgeben, ebenso die RAHAB-Arbeit, die wir angefangen hatten. Aber ich glaube, dass Gott über allem steht, und kann ich nicht anders, als ihm zu vertrauen.“
Sylvette Huguenin: „Man kann vielleicht nicht auswählen, wohin man geht, aber man kann immer wählen, mit welcher inneren Haltung man hingeht. Wenn sich die Offiziere für die Heilsarmee engagieren, so darf man auch nicht vergessen, dass auch die Heilsarmee das beste für ihre Offiziere will.
Georges Donzé: „Betreffend Wechsel haben die Mitglieder der Heilsarmee die Verantwortung, darüber zu beten. Wenn Gott Offiziere für ein Korps zur Verfügung stellt - selbst wenn das nicht die erhoffte Person ist - so gibt es immer einen Grund. Man muss dafür beten, dass jene Leute, welche über die Wechsel entscheiden, Erkenntnis und Klarsicht haben.“

Welches ist Ihre schönste Erinnerung ?
Markus Brunner: „Das ist jedes Mal, wenn Menschen, die Jesus nicht kennen, in unseren Gottesdienst kommen und Gott begegnen.“
Judith Dummermuth: „Ja, bei jedem Schritt, den jemand auf Gott zu macht.“
Sylvette Huguenin: „Die Liebe Gottes, die ich am tiefsten Punkt meines Lebens erlebt habe. Und die Tatsache, dass meine Kinder im Glauben stehen. Eine meiner Töchter ist übrigens jetzt auch Kadettin.“
Georges Donzé: „Ich erinnere mich an einen Gottesdienst, dessen Botschaft die Rettung war. Eine junge Frau sagte zu ihrer Freundin: „Wir sind verloren!“, und verliess ganz rasch den Gottesdienst. Einige Zeit später erhielten wir von ihr eine Postkarte mit den Versen aus Jesaja 55,10-11: „Regen und Schnee fallen vom Himmel und bewässern die Erde. Sie kehren nicht dorthin zurück, ohne Saat für den Bauern und Brot für die Hungrigen hervorzubringen. So ist es auch mit meinem Wort, das aus meinem Mund kommt. Es wird nicht ohne Frucht zurückkommen, sondern es tut, was ich will und richtet aus, wofür ich es gesandt habe.“ Sie war nun bereit, die Rettung anzunehmen.

Und wenn Gott mich persönlich ruft?
Majorin Heidi Imboden, Kandidatensekretärin, stellte zum Abschluss die einfache Frage: „Beruft euch Gott zum Offiziersdienst? Denkt darüber nach.“ Wenn sich jemand diese Frage stellt und sich nicht sicher ist, steht die Majorin für ein offenes Gespräch zur Verfügung.

Der „What if Day“ endete mit dem Segen für alle, die ihr Leben in den Dienst Gottes und der Menschen stellen oder stellen wollen: zum einen für die aktuellen Kadetten, dann für die Kandidaten, die sich für den Lehrgang ab 2020 angemeldet haben, dann für jede Person, die sich die Frage der Berufung zum Offiziersdienst stellt.

 

Autor
Sébastien Goetschmann

Publiziert am
18.9.2018