«Historischer Tag»: Freikirchen werden Partner der Schweizer Armee

«Historischer Tag»: Freikirchen werden Partner der Schweizer Armee

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Nun dürfen auch Freikirchen ausgebildete Fachleute für den ökumenischen Dienst der Armeeseelsorge entsenden.

Der Dachverband Freikirchen.ch hat zusammen mit dem Réseau évangélique suisse (Reseaux.ch) eine Partnerschaft mit der Armeeseelsorge unterzeichnet und freut sich auf die künftige Zusammenarbeit. Die Armeeseelsorger sind gefragt, wenn sich Armeeangehörige in Belastungssituationen befinden.

Es war der erste Herbstarbeitstag für den Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli. Er war vorher positiv auf das Coronavirus getestet worden und hatte sich am 19. Oktober in Isolation begeben. Seine Teilnahme am Treffen der Armee mit Kirchen und religiösen Gemeinschaften unterstreicht die Bedeutung der Vereinbarungen: «Ein solches Treffen hat es noch nie gegeben. Unsere Vision ist die Armee für alle. Die Schweizer Armee ist für alle, die können und wollen.» Stefan Junger als Chef Armeeseelsorge ergänzte: «Jetzt hat die Schweizer Armee mit der Armeeseelsorge für alle den ersten Pflock eingeschlagen. Das Treffen ist ein Zeichen des Respekts und des Dankes. Und es ist ein historischer Tag: Ein solches Treffen hat es in der Schweizer Geschichte noch nie gegeben.» Stefan Junger dankte gleichzeitig dem Chef der Armee, der mit viel Weisheit und Weitsicht die Weisungen über die Beratung, Begleitung und Unterstützung in Kraft gesetzt hat: «Es ist ein starkes Zeichen, dass der Korpskommandant dieses Treffen initiiert hat und sich für die Armeeseelsorge stark macht.» Vereinbarungen wurde bisher mit Vertretern der drei Landeskirchen römisch-katholisch, christkatholisch und evangelisch-reformiert sowie dem Réseau évangelique suisse und dem Dachverband Freikirchen.ch wurden offizielle Partnerschaften abgeschlossen. Zuvor sind während eineinhalb Jahren intensive Gespräche geführt worden.

Freude bei den Freikirchen
«Wir freuen uns über diese Partnerschaft mit der Armeeseelsorge der Schweizer Armee. Es ist für uns ein wichtiger Dienst zugunsten der Gesellschaft», sagt Peter Schneeberger, Präsident von Freikirchen.ch, dem Dachverband der Freikirchen und christlichen Gemeinschaften. Freikirchen.ch ist ein nationaler Kirchenverband mit 20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 750 örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören. Jean-Luc Ziehli, Präsident des Réseau évangélique suisse (Reseaux.ch) ergänzt: «Das gegenseitige Vertrauen und der Bedarf an Nachwuchskräften machen das möglich. Wir werden unseren ökumenischen Dienst verantwortungsvoll wahrnehmen.»

Die Armeeseelsorge hat einen Sollbestand von 170 Angehörigen. Alle zwei Jahren werden 30 bis 40 neue Leute benötigt. Am heutigen Tag rücken 36 Personen ein, die alle von der Armee selber rekrutiert werden. «Wir haben jede einzelne Person händeringend gesucht. Für den Soldaten zählt, ob einer da ist oder nicht. Mit der Vereinbarung gehen wir nun davon aus, dass uns die Kirchen bei der Suche nach neuen Seelsorgern aktiv unterstützen. Unsere Partner stehen nun in der Pflicht», erklärte Stefan Junger. «Nun haben beide Seiten ihre Verpflichtungen», ergänzte Armeechef Thomas Süssli. Von den 36 Personen, die heute einrücken, stammen sieben aus Freikirchen.

Empfehlung und Ausbildungskurs
Neue Armeeseelsorger müssen eine Empfehlung mitbringen minimal eine militärische Grundausbildung absolviert haben - oder bereit sein, diese noch nachzuholen - und einen dreiwöchigen technischen Lehrgang der Armeeseelsorge selbst besuchen. Momentan gibt es rund 170 Armeeseelsorger. «Mit Ihrer Unterschrift respektieren Sie den Einsatz, der mit einer Verpflichtung innerhalb der Armeeseelsorge zum Wohle aller Militärangehörigen verbunden ist», erklärt Stefan Junger, Chef der Armeeseelsorge.

Die Partnerschaften kann sich die Armee auch mit anderen Religionen vorstellen. Süssli: «Diesem Thema müssen wir uns stellen.» Voraussetzung ist, dass es organisierte Religionsgemeinschaften sind. Mit ihnen würden exakt die gleiche Vereinbarung getroffen. Die Öffnung der Armeeseelsorge für andere Religionsgemeinschaften erfolgt bewusst. «Wir wollen unter anderem auch der religiösen Herkunft der Armeeangehörigen gerecht werden. Vor diesem Hintergrund sind diese Partnerschaften zustande gekommen», erklärte Stefan Junger. Wie hoch der Anteil der einzelnen Religionen in der Armee ist, weiss man nicht. Es gibt keine Erhebung zur Religionszugehörigkeit, weil die Konfession als schützenswerte Information betrachtet wird.

Was tun Armeeseelsorger?
Die Armeeseelsorger haben Teil am Leben der Angehörigen der Armee. Sie stehen ihnen in den schönen und auch in den schwierigen Momenten zur Seite. Sie nehmen alle Menschen ernst, welchen Glauben auch immer diese haben oder auch nicht. Es sind Anlaufstellen, wo die Soldaten mit ihren Fragen hinkönnen. Der Armeeseelsorger lebt eng mit der Truppe zusammen und hört sich ihre Anliegen an. In jeder Einheit ist ein Armeeseelsorger zuständig, an den sich die Angehörigen der Armee direkt wenden können. Die Arbeit erfährt grosse Wertschätzung, auch wenn heute nur noch ein Teil der Soldaten im Zivilen Kontakt zu einer Kirche hat.

Autor
Peter Schneeberger, Präsident Dachverband Freikirchen.ch

Publiziert am
3.11.2020